Neoliberales Maastricht-Kriterium schwebt wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Großkoalitionäre
Zum Versprechen der großen Koalition, 2007 die öffentliche Neuverschuldung wieder unter die Maastrichter Drei-Prozent-Marke zu drücken und so den EU-Stabilitätspakt einzuhalten, erklärt Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments:
Der Deal zwischen Brüssel und Berlin ist zunächst perfekt. Obwohl die Bundesrepublik seit 2002 das Maastrichter Defizitkriterium in Folge verletzte und auch für 2005 ein Minus von rund vier Prozent erwartet wird, gewährt die EU-Kommission einen Defizit-Aufschub von einem Jahr. Das bedeutet, dass das deutsche Budget erst Ende 2007 an die Regeln des EU-Stabilitätspakts angepasst sein muss und nicht bereits bis Ende 2006. Währungskommissar Almunia begründete die großzügig angelegte finanzpolitische Gnadenfrist damit, dass der Haushalt der Bundesrepublik für 2006 wegen der verspäteten Regierungsbildung erst verabschiedet werden könne, wenn das Jahr schon begonnen habe. Daraufhin versprachen die Großkoalitionäre pflichtgemäß, im Jahr 2007 wieder einen stabilitätspakt- (und verfassungs-) konformen Etat aufzustellen und damit das Maastricht-Kriterium einzuhalten, wonach die Neuverschuldung der öffentlichen Hand unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen muss. Widrigenfalls drohen Strafen bis zu zehn Milliarden Euro, denn eine weitere Schonfrist dürfte es kaum geben.
Das ist der Grund, weshalb das Maastrichter Drei-Prozent-Defizitkriterium fortan wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Großkoalitionäre schweben wird. Von daher ist zu befürchten, dass die schwarz-rote Regierung den Bereichen Staatsfinanzen, Sozialsysteme, Arbeitsmarkt, Pflege und Gesundheit ab 2007, wenn die Vorzieheffekte der Mehrwertsteuererhöhung verpufft sein werden, eine neoliberale Rosskur verordnet, die alles bisher da gewesene in den Schatten stellen könnte. Nach der Logik der Koalitionsvereinbarung wird nämlich vor allem die öffentliche Neuverschuldung wieder deutlich steigen. Verantwortlich dafür sind die anvisierte falsche Steuerpolitik, die unter anderem auf eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Erhebung einer Vermögenssteuer verzichtet, sowie die verheerenden Wirkungen der Mehrwertsteuererhöhung auf die Binnenwirtschaft. Ungenügendes Wirtschaftswachstum einerseits und damit neue Spar- und Kostensenkungsrunden andererseits werden die Folge sein. Die Arbeitslosigkeit wird nicht verringert, sondern eher noch zunehmen, weshalb auch weiterhin hohe Kosten anfallen werden. Außerdem kommt hinzu, dass der von Deutschland ausgehende Anstieg der Inflation im Euroraum die Europäische Zentralbank veranlassen dürfte, ihre geldpolitischen Zügel mittels Zinsanhebung wieder fester anzuziehen.
Straßburg, den 16. November 2005
Zum Versprechen der großen Koalition, 2007 die öffentliche Neuverschuldung wieder unter die Maastrichter Drei-Prozent-Marke zu drücken und so den EU-Stabilitätspakt einzuhalten, erklärt Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Europaabgeordnete der Linkspartei.PDS und Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments:
Der Deal zwischen Brüssel und Berlin ist zunächst perfekt. Obwohl die Bundesrepublik seit 2002 das Maastrichter Defizitkriterium in Folge verletzte und auch für 2005 ein Minus von rund vier Prozent erwartet wird, gewährt die EU-Kommission einen Defizit-Aufschub von einem Jahr. Das bedeutet, dass das deutsche Budget erst Ende 2007 an die Regeln des EU-Stabilitätspakts angepasst sein muss und nicht bereits bis Ende 2006. Währungskommissar Almunia begründete die großzügig angelegte finanzpolitische Gnadenfrist damit, dass der Haushalt der Bundesrepublik für 2006 wegen der verspäteten Regierungsbildung erst verabschiedet werden könne, wenn das Jahr schon begonnen habe. Daraufhin versprachen die Großkoalitionäre pflichtgemäß, im Jahr 2007 wieder einen stabilitätspakt- (und verfassungs-) konformen Etat aufzustellen und damit das Maastricht-Kriterium einzuhalten, wonach die Neuverschuldung der öffentlichen Hand unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen muss. Widrigenfalls drohen Strafen bis zu zehn Milliarden Euro, denn eine weitere Schonfrist dürfte es kaum geben.
Das ist der Grund, weshalb das Maastrichter Drei-Prozent-Defizitkriterium fortan wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Großkoalitionäre schweben wird. Von daher ist zu befürchten, dass die schwarz-rote Regierung den Bereichen Staatsfinanzen, Sozialsysteme, Arbeitsmarkt, Pflege und Gesundheit ab 2007, wenn die Vorzieheffekte der Mehrwertsteuererhöhung verpufft sein werden, eine neoliberale Rosskur verordnet, die alles bisher da gewesene in den Schatten stellen könnte. Nach der Logik der Koalitionsvereinbarung wird nämlich vor allem die öffentliche Neuverschuldung wieder deutlich steigen. Verantwortlich dafür sind die anvisierte falsche Steuerpolitik, die unter anderem auf eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes und die Erhebung einer Vermögenssteuer verzichtet, sowie die verheerenden Wirkungen der Mehrwertsteuererhöhung auf die Binnenwirtschaft. Ungenügendes Wirtschaftswachstum einerseits und damit neue Spar- und Kostensenkungsrunden andererseits werden die Folge sein. Die Arbeitslosigkeit wird nicht verringert, sondern eher noch zunehmen, weshalb auch weiterhin hohe Kosten anfallen werden. Außerdem kommt hinzu, dass der von Deutschland ausgehende Anstieg der Inflation im Euroraum die Europäische Zentralbank veranlassen dürfte, ihre geldpolitischen Zügel mittels Zinsanhebung wieder fester anzuziehen.
Straßburg, den 16. November 2005