Afghanistan: Westen trägt Mitverantwortung an Eskalation
Berichterstatter des Europaparlaments André Brie fordert erneut verstärktes ziviles Engagement am Hindukusch
Eine Mitverantwortung der westlichen Staaten für die derzeitige Eskalation in Afghanistan sieht der Europaabgeordnete André Brie. „Für eine durchgreifende Demokratisierung reicht es nicht aus, Regime wie die Taliban durch eine Intervention zu stürzen“; erklärte Brie, der den Afghanistan-Report des Europäischen Parlaments erstellt hatte, am Donnerstag. Der stetige Ausbau der militärischen Präsenz und die Aufstockung der NATO-geführten ISAF-Truppen hätten weder zu mehr Sicherheit und Stabilität geführt, noch ein Wiedererstarken der Taliban verhindert. Dagegen werde mit der Vermischung von ziviler Unterstützung und militärischen Missionen die Sicherheit der Helfer zunehmend gefährdet. Brie verwies darauf, dass der afghanische Präsident Hamid Karsai zu Monatsbeginn vor dem Europaparlament ausdrücklich um Unterstützung beim Wiederaufbau gebeten hatte.
Von der Bundesregierung erwartet Brie, dass die Versprechen über ein verstärktes nichtmilitärisches Engagement am Hindukusch endlich umgesetzt werden. „Vollmundige Erklärungen darüber, dass die Bundeswehr die Kontrolle über den gesamten Norden des Landes übernimmt, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine angemessene Wiederaufbauhilfe nach wie vor auf sich warten lässt.“
Die von US-Präsident Bush angekündigte Aufstellung einer zivilen Eingreiftruppe sieht der PDS-Politiker in diesem Zusammenhang skeptisch: „Dieser Schritt kommt nicht nur Jahre zu spät, das Hilfskorps ist mit den für 2006 bereitgestellten 124 Millionen Dollar im Vergleich zu den 300 Milliarden für die Militäreinsätze in Irak und Afghanistan äußerst dürftig ausgestattet.“ Zudem müsse sich erst noch zeigen, ob das Korps nicht nur verlängerter Arm des Pentagons sei. Nach Einschätzung Bries soll die „rechtsstaatliche Komponente“ vor allem zur zivilen Absicherung der US-Interventionspolitik dienen. „Aber es wäre sicher sinnvoll, das Korps in Guantanamo zum Einsatz zu bringen.“