Dank tatkräftiger Unterstützung Vieler konnte ich kompetent Politik machen
Bilanz zu ziehen bedeutet, Rechenschaft über das in fünf Jahren Geleistete abzulegen, ohne in die Gefahr der Selbstdarstellung zu verfallen. Sowohl die Fraktion als auch die PDS-Gruppe haben in schriftlicher Form eine sachliche Bilanz ihrer Arbeit gezogen. Am Ende einer Legislaturperiode geht es m. E. noch um zwei andere Dinge, die unbedingt zu einer Bilanz gehören.
Das ist zum einen das Klima, unter dem gearbeitet wurde, und zum anderen sind es die Erfahrungen und Ausblicke, die nicht weniger Bedeutung haben. Als wir zu den Studientagen in Dublin waren, äußerten sich zwei Kollegen – ein Franzose und ein Däne, beide aus der sozialistischen Fraktion zu uns gestoßen – sehr positiv über das Klima in unserer Fraktion, hoben vor allem die Kameradschaft und die Gemeinsamkeit hervor, die sie erlebt haben. Im Stillen dachte ich, dass ich mir manchmal mehr davon auch in der eigenen Gruppe gewünscht hätte . . .
Aufgebautes darf nicht verloren gehen
Was die Erfahrungen und Ausblicke angeht, so sind wir uns einig, dass – wie immer die neue Fraktion zusammengesetzt und wie stark darin die PDS vertreten ist – Kontinuität gewahrt werden muss und Erfahrungen in der Arbeit, geknüpfte Kontakte und perspektivische Ansätze nicht verloren gehen dürfen. Gewiss hat die Erweiterung der EU von 15 auf 25 Staaten am 1. Mai formal ihren Abschluss gefunden, doch damit sind die Probleme keineswegs gelöst, vielmehr werden sie sich in der Praxis erst jetzt voll zeigen. Als Koordinator für Fragen der Erweiterung in der Fraktion hatte ich viele Kontakte nach Tschechien (ich war stellvertretender Vorsitzender der Parlamentarierdelegation für den Beitritt der C¡R), Polen, Ungarn, den baltischen Republiken und über die Beitrittsländer hinaus nach Russland, Moldawien und Belarus angebahnt, die nicht abreißen sollten. Ausdruck dieser Öffnung nach Osten waren Konferenzen mit linken Kräften der Beitrittsländer in Budapest, Prag und Warschau sowie ein Symposium in St. Petersburg. Ein Fundament, auf dem man weiter aufbauen kann, waren entsprechende wissenschaftliche Studien, die z. T. auch über die Rosa-Luxenburg-Stiftung erhältlich sind.
Entwicklungspolitik war ein weiteres zentrales Thema
Ich gehörte als Vollmitglied dem Ausschuss für Entwicklung und Zusammenarbeit an, dessen offenes und faires Arbeitsklima ich ebenso wie den respektvollen Umgang miteinander schätzen gelernt habe. Mein besonderes Augenmerk galt dabei der Zusammenarbeit der EU mit Lateinamerika im Allgemeinen und mit den im Forum Sao Paulo zusammengeschlossenen linken Kräften im Besonderen. Inhaltlich war die gesamte Arbeit dem großen Ziel der Bekämpfung der Armut untergeordnet, die sich in Lateinamerika in krassester Form zeigt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wie Helma Chrenko und Peter Stier haben mir dabei sehr geholfen, und in einer Broschüre konnten wir linke Positionen in dieser Frage der Öffentlichkeit übergeben.
Gleiches gilt für die Sicherheits- und Verteidigungspolitik, wo Generalmajor a. D. Hans-Werner Deim analytisches Material zur Verfügung stellte, welches auch öffentlich zugänglich ist.
Regionale Arbeit sehr wichtig
Wenn das im Dreiländereck gelegene Bürger- und Europabüro Bautzen einen so guten Anklang gefunden hat, dann hat das gute Gründe. Vor Ort, im Gespräch und Gedankenaustausch, wurde Europa, sprich die EU, immer mit der Minderheitenfrage der sorbischen Bürgerinnen und Bürger verbunden, deren Probleme die Leiterin Merka Kosel bestens kennt. Doch gleichermaßen erwies sich das Büro als eine nützliche Schaltstelle und Informationsquelle für den sächsischen Landtagsabgeordneten Heiko Kosel, Sprecher für europapolitische und sorbische Fragen. Im größeren Kontext vermittelten die Gespräche mit Kommunalpolitikern, Diskussionen bei Betriebsbesuchen diesseits und jenseits der Grenzen einen unmittelbaren Eindruck von den Chancen und Risiken, die mit der EU-Erweiterung verbunden sind.
Engagiert vor Ort mit vielen anderen
Ohne Vollständigkeit anzustreben, soll ein Bereich nicht unerwähnt bleiben, auf dem ich kein Experte bin: Die Agrarpolitik. Mit meiner Kollegin Christel Fiebiger habe ich in den fünf Jahren so manche schöpferische Initiative gestartet, die auch öffentlichen Widerhall fand. Besonders wichtig war das entschlossene Auftreten mit den Verbänden, als es darum ging, die Angriffe auf die Bodenreformbauern und ihre Erben abzuwehren. Als Experte stand mir dabei mit Rat und Tat der Landwirtschaftsminister a. D. Hans Watzeck zur Seite.
Bilanz hat immer etwas mit Menschen zu tun, die hinter den Aufzählungen stehen. Deren Zahl war für meine parlamentarische Tätigkeit immer sehr groß, so dass sie an dieser Stelle nicht alle genannt werden können. Nicht zuletzt hat auch die Arbeitsgruppe Mittel- und Osteuropa beim Parteivorstand der PDS, der ich wertvolle Hintergrundinformationen und Anregungen verdanke, zum Erfolg beigetragen. Ihnen allen sollen mein Dank und meine besten Wünsche gelten.