EU-Verfassungsreferendum – ein heißes Eisen

Am 29. Oktober wird in Rom der EU-Verfassungsvertrag von den Staats- und Regierungschefs der 25 Mitgliedstaaten unterzeichnet. In Kraft treten kann die Verfassung jedoch erst, wenn sie von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden ist. Auf welche Weise dies erfolgen soll – ob per Parlamentsbeschluss oder per Volksentscheid – ist in vielen Fällen noch offen. Mit Sicherheit werden Frankreich, Großbritannien, Luxemburg, Spanien, Portugal und Irland Referenden durchführen, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Dänemark, Polen, Tschechien, Belgien und die Niederlande. Kein Referendum wird es aller Voraussicht nach in Österreich, Zypern, Finnland, Griechenland, Malta und der Slowakei geben, unklar ist die Situation noch in Ungarn, Schweden, Italien, Slowenien, Estland, Lettland und Litauen. In Deutschland wird nach wie vor um ein Referendum gerungen. Rot-grün hat nun, nach anfänglichem Widerstand, angekündigt, einen Vorschlag für eine Verfassungsänderung vorzulegen, die ein solches Referendum ermöglichen soll. Die PDS-Europaabgeordneten vertreten die Ansicht, dass in Fragen von herausragender Bedeutung – und die Annahme oder Ablehnung der EU-Verfassung ist zweifelsohne eine solche Frage – Volksentscheide durchgeführt werden sollten. Wir haben uns für europaweite Referenden ausgesprochen und vorgeschlagen, sie in allen Staaten am selben Tag durchzuführen, etwa am 8. Mai 2005, dem 50. Jahrestag der Befreiung Europas vom Faschismus. Ein Referendum hätte in jedem Fall den Vorteil, dass eine breite öffentliche Debatte über die positiven wie negativen Seiten der Verfassung stattfinden könnte. Dies ist unerlässlich, da nach wie vor die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger den Text nicht kennt.

Die Autorin ist Vizepräsidentin des
Europäischen Parlaments und war Mitglied im Verfassungskonvent der EU