Vorabbericht Pflüger: Zur Brüsseler Konferenz der Linksfraktion – „Militarisierung der EU: Der Stand der Dinge“ Europäisches Parlament, Saal A1G-3, Brüssel, 10.12.2004, 10-17 Uhr
Seit 1999 gewinnt die Europäische Sicherheits-und Verteidigungspolitik (ESVP mit „Lichtgeschwindigkeit“ (Javier Solana) an Gestalt. Auf der einen Seite schafft sich die Europäische Union eine unabhängige schnelle Eingreiftruppe von bis zu 60.000 Soldaten die innerhalb von 60 Tagen bis zu einem Jahr weltweit Kampfmissionen durchführen können. Auf der anderen Seite ist die Sicherheits- und Militärpolitik der EU eng mit der NATO verzahnt. Bei Militäreinsätzen kann die EU auf Kapazitäten der NATO zurückgreifen. Inzwischen finden bzw. fanden die ersten Polizei- und Militäroperationen der EU in Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und im Kongo statt. Mit der Mission ALTEHA in Bosnien-Herzegowina beginnt 2004 der erste größere militärische Auslandseinsatz der EU.
Auf der Brüsseler Konferenz der Linksfraktion (GUE/NGL) „Militarisierung der EU: Der Stand der Dinge“ soll eine erste Bilanz dieser rasanten Entwicklung gezogen werden. Im ersten Teil wird es um die zentralen Projekte der EU-Militarisierung gehen. Antonio Pessoa, Offizier der Portugiesischen Armee, Militär- und Geschichtswissenschaftler, wird hier zur Zukunft der schnellen Eingreiftruppe der EU sprechen. Christopher Steinmetz vom Berliner Information Center for Transatlantic Security (BITS) wird die neu gegründete Europäische Rüstungsagentur näher unter die Lupe nehmen. Im zweiten Teil sollen die strategischen Perspektiven näher untersucht werden. Jürgen Rose Luftwaffenoffizier der Bundeswehr widmet sich hier den geopolitischen Perspektiven der EU, Thomas Roithner, vom Österreichischen Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ÖSFK) wird die Frage versuchen zu beantworten, wie sich die Position der neutralen Staaten angesichts der Militarisierung der EU verändert. Abschließend sollen Alternativen diskutiert werden mit Impulsreferaten des Journalisten Uwe Reinicke und des Völkerrechtsexperten, Prof. Gregor Schirmer, der ausloten wird, in welcher Form der Verfassungsvertrag die Militarisierung der EU vorantreibt.
Bisher ist es nämlich in der öffentlichen Debatte noch kein Thema, dass durch den EU-Verfassungsvertrags der Einsatzkatalog der Petersbergaufgaben um „gemeinsame Abrüstungsmaßnahmen“, „militärische Beratung und Unterstützung“ und „Konfliktverhütung“ sowie um die Unterstützung bei der Bekämpfung des Terrorismus noch erweitert werden soll (vgl. Art.III-309, 1). Zudem verpflichten sich die EU-Mitgliedstaaten, ihre „militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“(Art.I-41, 3). Der EU-Verfassungsvertrag soll von Bundestag und Bundesrat möglichst schnell ratifiziert werden, so wollen es SPD und Grüne, auch damit es keine Diskussion darüber geben kann, dass die EU-Verfassung in der Praxis den beschleunigten Umbau der Armeen der Mitgliedstaaten in weltweit einsetzbare Interventionsarmeen bedeutet.
Weitere Informationen zur Konferenz sind über mein Büro (tel. 00322 284 5555) in Brüssel erhältlich oder finden sich auf www.tobias-pflueger.de. Es wird auf jeden Fall eine Dokumentation geben, die jetzt schon vorab unter tpflueger@europarl.eu.int zu bestellen ist.