„Opposition gegen EU-Militärpolitik“, erschienen in Schwäbisches Tagblatt, 30. Juli 2004

Dies ist meine erste Kolumne als Europaabgeordneter. Die Arbeit ging am 16. Juni mit einer Fraktionssitzung los, seither bin ich jede Woche drei bis vier Tage in Brüssel. Auch wenn für mich als Tübinger Strasbourgdeutlicher näher wäre, Brüssel ist der Hauptort des Europäischen Parlamentes, in Strasbourg sind nur Plenartagungen alle sechs Wochen. Ich bin Mitglied der Fraktion der GUE/NGL, das ist die französische Abkürzung für „Konföderale Fraktion der Vereinigten europäischen Linken / Nordisch grüne Linke“. Die GUE/ NGL-Fraktion besteht aus 41 Mitgliedern von 17 Wahllisten aus 13 Ländern. Die PDS-Delegation (bestehend aus sechs PDS-Abgeordneten und mir als Parteilosem) ist mit sieben Mitgliedern die größte einzelstaatliche Gruppe. Das politische Spektrum reicht von grünen Linken aus den skandinavischen Ländern bis hin zu Kommunisten aus Griechenland oder Tschechien. Was alle eint, ist eine klare Antikriegshaltung und ein internationalistischer Ansatz.

Nach meiner Vorstellung in der Fraktion meinte Francis Wurtz, der Fraktionsvorsitzende (er stammt aus dem Elsass und wir kennen uns von gemeinsamen Antikriegsaktivitäten), dass ich mit meinem politischen Ansatz gut in die Fraktion passen würde und er sich durch mich auch neue Impulse verspreche.Thematisch befasste ich mich in den ersten Wochen mit dem EU-Verfassungsentwurf, der Lage im Irak, Flüchtlingspolitik (das ging ja über alle Medien), deutscher Militärpolitik und europäischer Atomenergiepolitik. Bei der Wahl des Kommissionspräsidenten stimmte ich gegen den konservativen Manuel Barroso aus Portugal, der ja bekanntlich kurz vor dem Angriff auf den Irak Bush, Aznar und Blair zum „Azorengipfel“ einlud. Dort wurde der auf Lügen aufgebaute Irakkrieg endgültig besiegelt. Bei der Wahl des EU-Parlamentspräsidenten gab es interessante, aber dann im Endeffekt doch logische Koalitionen: Die sozialdemokratische und konservative Fraktion hatten einen Deal gemacht: die ersten zweieinhalb Jahre ein Sozialdemokrat, dann ein Konservativer als Parlamentspräsident. So wurde der Sozialdemokrat Josep Borrell aus Spanien schon im ersten Wahlgang gewählt. Gegenkandidat war Bronislaw Geremek aus Polen, ein Irakkriegsbefürworter, unterstützt von Liberalen und Grünen! Keiner von beiden bekam meine Stimme.Wunschgemäß bin ich für die GUE/ NGL-Fraktion Mitglied im „Auswärtigen Ausschuss“ und im „Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung“. Außerdem bin ich Stellvertreter im Wirtschaftsausschuss, allerdings tagt der – zumindest derzeit – immer zeitgleich mit dem Auswärtigen Ausschuss. In der ersten Sitzung des „Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung“ musste der Chef des EU-Generalstabes, Jean-Paul Perruche, Rede und Antwort stehen. Perruche sprach Klartext: Die EU müsse auch militärisch ein globaler Akteur werden. Ein Ausbau der militärischen Kapazitäten sei notwendig, um die „Europäische Sicherheitsstrategie“ (ESS) und die im Verfassungsentwurf festgeschriebene „ständige strukturierte (militärische) Zusammenarbeit“ umzusetzen. Dagegen ist Opposition notwendig – im Europaparlament, aber vor allem auch von außen! Weitere regelmäßige Informationen unter www.tobiaspflueger. de und www.pds-europa.de

Tobias Pflüger, parteiloser Europaabgeordneter (PDS-Liste)