Diese Verfassung wird keinen Fortschritt für Europa bringen!

Anlässlich der Entscheidung der Regierungskonferenz für eine europäische Verfassung erklärt der Europaabgeordnete Helmuth Markov:

Die PDS sieht in dem von der Regierungskonferenz vorgelegten Entwurf für einen Europäischen Verfassungsvertrag keine geeignete Grundlage für eine Europäische Verfassung, mit der ein friedliches, soziales und demokratisches Europa verwirklicht werden kann.

Es soll bei dem Aufrüstungsgebot für die Mitgliedstaaten bleiben, es ist eine Rüstungsagentur als Unionseinrichtung vorgesehen und die Schaffung eigener europäischer militärischer Kapazitäten wird als ausdrückliches Verfassungsziel angegeben. Damit wird eine weitere Militarisierung der Europäischen Union befördert.

In dem vorgelegten Entwurf wird im konkreten Politikteil an der Zielsetzung des „Grundsatzes der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ festgehalten, was einer verfassungsmäßigen Festschreibung einer neoliberalen Wirtschaftsordnung gleichkommt. Mit der nun von der Regierungskonferenz ausdrücklich noch einmal unterstrichenen Bedeutung des Wachstums- und Stabilitätspaktes und des Vorrangs des Ziels der Preisstabilität wird dieser wirtschaftsliberale Charakter der Verfassung erneut bestätigt. Neoliberale Wettbewerbspolitik soll demnach Verfassungsrang erhalten. Damit bleibt die Europäische Verfassung auch gegenüber dem deutschen Grundgesetz zurück, das von der prinzipiellen Offenheit der Wirtschaftsordnung ausgeht.

Die PDS verkennt nicht, dass mit der Aufnahme der Grundrechtecharta als Teil des Verfassungsvertrages ein Fortschritt bei der Verankerung demokratischer und sozialer Rechte erreicht wurde. Um so mehr bedauert sie, dass die generell geringe Bedeutung der Grundrechtecharta für die konkrete Politik der Union nun in der Regierungskonferenz durch die Aufnahme der sogenannten Erläuterungen, mit der vor allem die britische Regierung 2000 in Nizza jegliche Rückwirkungen sozialer Grundrechte auf die europäische Politik ausschließen wollte, in den Verfassungstext jetzt weiter geschmälert wurde. Die PDS begrüßt die vom Verfassungsvertrag vorgesehene Aufwertung des Europäischen Parlaments, das danach mehr Mitentscheidungsrechte erhalten soll. Auf der anderen Seite soll es dabei bleiben, dass das Parlament kein Initiativrecht besitzt und die von ihm zu treffende Wahl des Kommissionspräsidenten nur auf Grundlage eines einzigen Vorschlags des Rates erfolgen soll. Das für mehr Demokratie in der EU Erreichte bleibt damit hinter dem Notwendigen zurück.

Die PDS hält daran fest, dass die Europäische Union eine Verfassung braucht, die allen in der EU lebenden Menschen verbriefte Grund-, Freiheits- und Gleichheitsrechte zusichert. Eine Europäische Verfassung soll sich dem Frieden und den Menschenrechten verpflichten, die Möglichkeiten unterschiedlicher Wirtschaftsordnungen offen halten, eine soziale Bindung des Eigentums anstreben, die EU weiter demokratisieren, der Vielfalt der Kulturen, Weltanschauungen und Religionen Rechnung tragen.

Die PDS sieht ihre grundsätzlichen Bedenken gegenüber dem Verfassungsentwurf mit dem Ergebnis der Regierungskonferenz erneut bestätigt. Ihre grundsätzliche Kritik an den nun unverändert gebliebenen Aussagen des Entwurfs zur Sicherheitspolitik und zur Wirtschaftsordnung war bereits wichtige Gegenstand ihres Europawahlkampfes. Die PDS sagt daher Nein zu dem vorliegenden Verfassungsentwurf. Wir werden alle Möglichkeiten auf parlamentarischer und außerparlamentarischer Ebene nutzen, um diese Verfassung zu verhindern. Wir fordern, dass die Europäische Verfassung auch in Deutschland Gegenstand einer Volksabstimmung wird.