Rede von Feleknas Uca in der Aussprache des Europäischen Parlaments zu den Erklärungen des Rates und der Kommission zur Vorbereitung des Europäischen Rates am 17. Dezember 2004:
Am 17. Dezember soll nun entschieden werden, ob die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beginnen werden. Ein Beitritt zur EU stellt eine große Chance für die Türkei dar. Werte wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Menschenrechte, die die Europäische Union vertritt, bedürfen in der Türkei noch ihrer Durchsetzung.
Es ist daher dringend erforderlich, dass die Verhandlungen transparent geführt werden. Das gilt insbesondere für die Beendigung der gewaltsamen Auseinandersetzungen in den kurdischen Regionen. Ich fordere die Kurden und das türkische Militär auf, einen Waffenstillstand zu vereinbaren und nach einer politischen Lösung zu suchen. Ich bin äußerst besorgt über die Zunahme von Menschenrechtsverletzungen und von Tötungsdelikten. Ich nenne als Beispiel die Tötung des zwölfjährigen Ugur und seines Vaters aber auch das Verbotsverfahren gegen die Gewerkschaft Erziehung und Bildung.
Im Rahmen der Beitrittsverhandlungen wäre es an der Türkei, durch die reale Umsetzung ihrer Reformen zu beweisen, dass allen ihren Bürgern, unabhängig von ihrer Herkunft, die gleichen Rechte zugestanden werden, dass die Gleichberechtigung der Geschlechter hergestellt wird, und dass die Benachteiligung bestimmter Religionen gegenüber anderen aufgehoben wird.
Es ist entscheidend, dass die Regierung in Ankara nicht nur Gesetze verabschiedet, um die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen, sondern es muss auch ihre praktische Umsetzung erfolgen.
Es ist die Hoffnung von 20 Millionen Kurden in der Türkei, dass mit der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen auch ihre Rechte gewahrt werden, dass sie ihre Identität frei entfalten können, dass sie anerkannt werden, und dass ihnen die Rückkehr in ihre Dörfer ermöglicht wird.
Notwendig ist, dass das Dorfschützersystem abgeschafft wird. Die 10% Hürde bei Wahlen muss heruntergesetzt werden. Am Wochenende haben Tausende in Diyarbakir für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen demonstriert. Als deutsche Europaabgeordnete mit kurdischer Herkunft plädiere ich zusammen mit meiner Fraktion für Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und fordere alle Regierungschefs auf, am 17. Dezember sich für Beitrittsverhandlungen auszusprechen. Die Europäische Union sollte keine Angst vor Ankara haben und Ankara sollte keine Angst vor Diyabakir haben. Die Türkei kann eine Brücke zwischen der EU und den islamischen Ländern sein.