Neue Barroso-Kommission nicht viel besser als erster Vorschlag
Zur Bestätigung des zweiten Kommissionsvorschlags von Jose Manuel Barroso durch das Europäische Parlament erklärt Sahra Wagenknecht, PDS-Europaabgeordnete:
Das neue Kommissionsteam von José Manuel Barroso ist nicht wesentlich besser als das alte. Es steht weiterhin für einen harten neoliberalen Kurs, der die Interessen von Großkonzernen und Unternehmen vertritt und das europäische Sozialmodell in seiner bisherigen Form möglichst reibungslos entsorgen soll. Auch der eher kosmetische Austausch einiger besonders übler Ausfälle im alten Team kann darüber nicht wegtäuschen.
Dass das Europäische Parlament nun dennoch mit deutlicher Mehrheit seine grundlegende Unterstützung der Barroso-Kommission bekundet hat zeigt, welcher Sturm im Wasserglas die Ablehnung des ersten Vorschlags war, die von vielen Parlamentariern als ein Sieg der Demokratie gefeiert worden ist. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der auf parlamentarischer Ebene geäußerten Kritik an der Kommission hat nicht stattgefunden, sonst hätte eine derart ungenügende Kandidatin wie die von Korruptionsvorwürfen überhäufte Niederländerin Neelie Kroes nicht auch in der neuen Kommission ihr vorgesehenes Amt behalten können. Den großen Fraktionen im Europäischen Parlament ging es mitnichten um eine grundsätzliche Neugestaltung des Kommissionsvorschlags – der zu erwartende neoliberale und marktgläubige Kurs der Barroso-Kommission ist auch bei den Sozialdemokraten weitgehend unumstritten. Die mehrheitlich erfolgte Ablehnung des ersten Kommissionsvorschlags war allein eine Reaktion darauf, dass José Manuel Barroso mit seinem arroganten Festhalten an einem völlig untragbaren Kandidaten wie dem Italiener Rocco Buttiglione massiven Unmut provoziert hatte.
Wie groß der Unmut im Parlament weiterhin ist wird dadurch belegt, dass sich überraschend viele Parlamentarier dem Druck zu einer Zustimmung zur Kommission widersetzten und dagegen stimmten oder sich enthielten. Dass es trotz der gravierenden Mängel des Kommissionsvorschlags und der massiven Auseinandersetzungen der letzten Wochen dennoch zu einer deutlichen Mehrheit reichte, zeigt jedoch zum einen die fest gefügte grundlegende neoliberale Ausrichtung einer Parlamentsmehrheit, zum anderen entlarvt er die vor nicht einmal einem Monat stattgefundene Inszenierung eines kritischen Parlaments, das ernsthaft und konsequent eine Auseinandersetzung einfordert, weitgehend als Farce.
Sahra Wagenknecht
Berlin/Straßburg, den 18.11.2004