Sudan: Mit Volldampf zur nächsten „humanitären Intervention“

Die US-Regierung legte den Ball ins „Spielfeld.“ So bezeichneten Außenminister Powell und US-Präsident Bush die Massaker im Sudan als „Völkermord.“ Die Begrifflichkeit „Völkermord“ wurde bewusst gewählt. Damit soll eine Militärintervention unausweichlich scheinen. Das Europäische Parlament nahm den ihm zugespielten Ball auf und verabschiedete letzte Woche in Windeseile mit überwältigender Mehrheit eine Resolution, in der die Entsendung „internationaler Polizeitruppen“ erwogen wird. Die schlimme Lage vieler Menschen vor Ort dagegen spielt praktisch keine Rolle im zynischen Machtkalkül der Großmächte. Jetzt legt der deutsche „Verteidigungsminister“ Struck nach und fordert gemeinsam mit der grünen Staatsministerin Müller auch deutsche Truppen in den Sudan. „Damit schließt sich der Kreis. Endlich ist man am Ziel. Seit Monaten schon arbeitet die deutsche Seite Hand in Hand mit Großbritannien auf eine Militärintervention im Sudan hin“, so der parteilose Europaabgeordnete Tobias Pflüger, der für die Linksfraktion auch im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments sitzt. Es fehlt nur noch eine UN-Mandatierung auf dem Weg zur Militärintervention im Sudan. Ziel ist die Irakkriegsgegner und -befürworter wieder zusammen zu führen. Pflüger erklärte „Es ist schon ein starkes Stück, mit welcher Perfidie hier ökonomische Interessensdurchsetzung mit humanitären Motiven bemäntelt wird.“ Pflüger weiter: „Diejenigen, die aktuell Waffenlieferungen an die SPLA und die „Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit“ nicht unterbinden wollen, die mit der sudanesischen Regierung über Jahre hinaus beste Geschäfte gemacht haben, vergießen jetzt Krokodiltränen und schreien nach der Militärintervention“. Pflüger, der zugleich auch Mitglied der Golfstaaten- und der NATO-Delegation des Europäischen Parlaments ist: „Wie besorgt man wirklich über Menschenrechtsverletzungen ist, erfahre ich gegenwärtig bei der Diskussion um EU-Rüstungsexporte im Ausschuss. Nicht wenige würden am liebsten die EU-Rüstungsexporte liberalisieren.“
Brüssel, den 21. September 2004
Kontakt: Büro Pflüger, MdEP tel. 00322 284 5555