André Brie: Zivile Grundrechte in Afghanistan akut gefährdet
Berichterstatter des Europaparlaments fordert Stärkung der Zivilgesellschaft. Wahrung von Bürgerrechten für Frauen und Minderheiten angemahnt
Der Afghanistan-Berichterstatter des Europäischen Parlaments, der PDS-Abgeordnete André Brie, hat die EU-Staaten zu verstärkter Unterstützung der Zivilgesellschaft in dem Land am Hindukusch aufgerufen. „Die Situation in der Loja Dschirga zeigt, dass eine neue Verfassung allein die Demokratisierung Afghanistans nicht sichern kann“, sagte Brie am Freitag in Schwerin. Die Große Ratsversammlung ist derzeit festgefahren; die Annahme des neuen Grundgesetzes sollte bereits vor über einer Woche erfolgen.
Die Ursachen für die Verzögerung sieht der Politiker auch im Zuschnitt der neuen afghanischen Verfassung nach US-Vorbild. „Neben der nahezu beispiellosen Ausweitung der Machtbefugnisse für Präsident Karsai bergen einige Artikel die Gefahr der Beschneidung von zivilen Grundrechten“, betonte Brie. Dies betreffe unter anderem die Gleichberechtigung von Bevölkerungsgruppen und ethnischer Minderheiten sowie vor allem die Sicherung der Bürgerrechte für Frauen. „Die Tatsache, dass es gerade in diesen Fragen zu schweren Konflikten in der Loja Dschirga kommt, zeigt die gesellschaftliche Brisanz der Probleme.“
Der PDS-Abgeordnete regte an, die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen zu einem Thema auf der geplanten zweiten Bonner Afghanistan-Konferenz zu machen. „Solche Strukturen existieren bereits und werden gegen den Widerstand konservativer Kreise, von Warlords und Provinzgouverneuren ausgebaut“, erklärte Brie unter Bezug auf seine jüngsten Afghanistan-Reisen. „Es ist ein Unding, dass die Hilfe des Westens nach wie vor zu großen Teilen in die Taschen von Kriegsherren und regionalen Machthabern fliesst, während der Zivilgesellschaft als wesentlichem Element der Demokratisierung die Unterstützung vorenthalten wird.“