Es muss dabei bleiben: Bereitschaftszeit ist Arbeitszeit!
Zu den heute veröffentlichten Plänen der Europäischen Kommission zur Neufassung der Arbeitszeitrichtlinie erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments:
Der heutige Vorschlag der EU-Kommission zur Reform der Arbeitszeitrichtlinie ist ein schwerer Rückschlag für die abhängig Beschäftigten. Die erst vor kurzem gegen erhebliche Widerstände der Arbeitgeber durchgesetzte Bestimmung, wonach Bereitschaftszeiten als Arbeitszeit zu werten sind, wird in dem neuen Vorschlag wieder gekippt. Stattdessen wird eine neue Kategorie, die sogenannte „inaktive Bereitschaftszeit“, eingeführt. Diese soll nicht als Arbeitszeit gelten, es sei denn, es existieren andere Bestimmungen auf nationaler oder betrieblicher Ebene. So will die Kommission die eindeutige bisherige Rechtsprechung des EuGH aushebeln, die Bereitschaftszeiten klar als Arbeitszeiten anerkannt hat.
Auf diese Sonderbestimmungen werden die betroffenen Beschäftigten, etwa in den deutschen Krankenhäusern, wohl lange warten können. Bundesregierung und Arbeitgeber haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie zurück zur alten Regelung wollen, die die im Bereitschaftsdienst arbeitenden Menschen benachteiligt. Daran ändert auch die blumige Wortwahl des Kommissionsvorschlags nichts, in dem behauptet wird, den Schutz von „Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer mit einem Mehr an Flexibilität“ harmonisch zu verbinden.
Der Kommissionsentwurf treibt auch in anderen Punkten die Flexibilisierung der Arbeitszeiten weiter voran. So soll die Referenzperiode für die Ermittlung der durchschnittlichen maximalen Wochenarbeitszeit von 48 Stunden von 4 Monaten auf ein Jahr ausgedehnt werden. Grundsätzlich will die Kommission die maximal zulässige Arbeitszeit in jeder Woche bei 65 Stunden deckeln. Diese Arbeitszeitpolitik bedeutet einen Rückfall in den Manchesterkapitalismus. Deshalb muss die Kommission gestoppt werden.
Brüssel, den 22. September 2004