Einseitige Parteinahme

PDS-Europaabgeordneter: Neue EU-Dienstleistungsrichtlinie ist Freibrief für Unternehmen. Qualitäts-, Sicherheits- und Preisstandards gefährdet

Der Europaabgeordnete André Brie hat vor den Konsequenzen einer nahezu vollständigen Deregulierung des Dienstleistungsmarktes in der Europäischen Union gewarnt. „Der jetzt von der EU-Kommission vorgelegte Richtlinienvorschlag zum Dienstleistungssektor hat einzig die Unternehmen und deren Interessen im Blick“, erklärte der PDS-Politiker am Freitag in Berlin. In dem Kommissionspapier wird unter anderem die Beseitigung nationaler Vorschriften im Dienstleistungsbereich, von Zulassungsverfahren und Kontrollsystemen gefordert. „Die Umsetzung des Brüsseler Vorschlags wird letztlich zur Verdrängung kleinerer und regionaler Anbieter führen, die Preise für die Leistungen in die Höhe und deren Qualität in den Keller treiben“, so der Abgeordnete.

Besonders kritisch bewertete Brie das in dem Kommissionsvorschlag fixierte Herkunftslandprinzip. Demzufolge darf ein Anbieter, der bereits in einem EU-Staat tätig ist, seine Leistungen auch in jedem anderen Mitgliedsland anbieten, ohne dort weitere Vorschriften beachten zu müssen. „Dies ist nichts anderes als der Freibrief für Unternehmen, in den einzelnen Ländern bestehende Standards, beispielsweise bei Löhnen, bei der Sicherheit oder dem Umweltschutz, zu ignorieren.“ Der Abgeordnete verwies in diesem Zusammenhang auf das Beispiel Großbritanniens, wo nach der „Liberalisierung“ des kommunalen Wasserversogungsbereichs Preissteigerungen um bis zu 50 Prozent und eine starke Zunahme von Erkrankungen durch verunreinigtes Wasser konstatiert wurden.

„Die ansonsten in Brüssel praktizierte Überregulierung findet im Dienstleistungsbereich nicht statt“, betonte der Parlamentarier. „Das belegt einmal mehr, in wessen Interesse die Kommission handelt.“ Nicht zuletzt werde mit dem Richtlinienentwurf auch die Position der EU in den Verhandlungen über das internationale Dienstleistungsabkommen GATS deutlich: „Was auf internationaler Ebene geplant ist, wird im europäischen Rahmen schon einmal vorexerziert.“