Neelie Kroes als Wettbewerbskommissarin nicht geeignet
Nach der Anhörung der Niederländerin Neelie Kroes, designierter Kommissarin für Wettbewerb, vor dem zuständigen Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments, erklärt Sahra Wagenknecht, PDS-Europaabgeordnete und Mitglied des Wirtschaftsausschusses:
Frau Kroes ist es nicht gelungen, den Vorwurf zu entkräften, sie habe es in ihrer Tätigkeit als Staatssekretärin und Ministerin der niederländischen Regierung in den Jahren 1977 bis 1989 an Objektivität und Unabhängigkeit gegenüber Wirtschaftsunternehmen fehlen lassen. In einer ausgesprochen schwachen Vorstellung gab sie auf konkrete Vorhaltungen u.a seitens niederländischer Europaabgeordneter nur ausweichende Antworten. Der künftige Kommissionspräsident Barroso wäre daher gut beraten, an einer solchen Kandidatin nicht weiter festzuhalten. Ich fordere Frau Kroes auf, ihre Kandidatur von sich aus zurück zu ziehen.
Es ist mehr als unangemessen, das überaus wichtige Ressort der Wettbewerbspolitik einer Kommissarin zu übertragen, die wie Frau Kroes jahrelang verschiedene Aufsichtsratmandate in großen Unternehmen innehatte, unter anderem beim Autokonzern Volvo und bei mehreren Verkehrs- und Telekomunternehmen und die aus diesen Tätigkeiten intime Kenntnisse über viele Konzerne und vielfältigste Verbindungen in die Spitzenetagen hat. Es ist nicht zu erwarten, dass Frau Kroes die für ihr Amt als Wettbewerbskommissarin notwendige Unabhängigkeit und Objektivität aufbringen wird. Daran ändert auch ihre Ankündigung nichts, in Zukunft keine Funktionen in der Privatwirtschaft mehr anzustreben. Da sie am Ende ihrer Amtszeit als Kommissarin bereits 68 Jahre sein wird, stellt dieses Angebot auch wohl kaum einen „Karriereverzicht“ dar.
Sollte Frau Kroes dennoch Kommissarin werden, so ist dies gleichzeitig als Ankündigung zu verstehen, dass es auch in Zukunft keine wirksame Wettbewerbskontrolle auf europäischer Ebene geben wird. Die großen Konzerne werden jedenfalls von dieser Kommissarin nichts zu befürchten haben.
Sahra Wagenknecht
Brüssel, den 28.09.2004