GUE/NGL gegen die Ernennung von Peter Mandelson zum EU-Handelskommissar
Nach der Anhörung des designierten EU-Handelskommissars, Peter Mandelson, erklärt der PDS-Europaabgeordnete und Koordinator der GUE/NGL im Ausschuss für internationalen Handel, Helmuth Markov:
Wer die Meinung vertritt, dass die bisherige Handelspolitik der Europäischen Union fair, gerecht und auf Ausgleich zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern bedacht ist, könnte Peter Mandelson als geeigneten Kandidaten für den Posten des EU-Handelskommissars ansehen. Wir sind der Ansicht, dass die gegenwärtige EU-Handelspolitik aber genau in die entgegengesetzte Richtung zielt und einer kompletten Neuausrichtung bedarf: hin zu einem gerechten Welthandelssystem mit Schwerpunktsetzung auf Entwicklung und sozialer Gerechtigkeit. Peter Mandelson ist kein Vertreter dieses Politikansatzes.
Herr Mandelson ist nicht nur in administrativer Hinsicht Nachfolger von Kommissar Lamy, sondern steht ihm auch gedanklich sehr nahe. Seine Zielsetzung liegt in Handelsliberalisierung und vollständiger Marktöffnung für Industrie- und landwirtschaftliche Produkte und, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Dienstleistungen ohne Rücksicht auf die Folgen insbesondere für Entwicklungsländer. Er hat sich für eine Weiterverfolgung aller Singapur-Themen in der WTO außerhalb der Doha-Runde ausgesprochen.
Hie und da eingestreute entwicklungs-, sozial- und umweltfreundliche Passagen entpuppten sich bei näherem Hinsehen als reine Rhetorik. Auch wenn Mandelson Kritik am Verlauf der Uruguay-Runde und ihrer ausschließlichen Ausrichtung auf die Interessen der Industrieländer äußerte, konnte er selbst auf Nachfrage keine konkreten Reformvorschläge vorweisen, die eine Neuorientierung der WTO-Verhandlungen ermöglichen würden. Das Gleiche gilt für seine Ankündigung, umweltpolitische und soziale Belange stärker in WTO-Verhandlungen einfließen lassen zu wollen: auf Nachfragen gab er keine Antwort, wie die EU dies konkret zu beeinflussen gedenke.
Seine Vorstellungen von einer Demokratisierung der WTO beschränken sich auf Schönheitskorrekturen wie Fragen des WTO-Managements. Besonders widersprüchlich waren seine Aussagen zur Liberalisierung von Dienstleistungen: einerseits erklärte er, öffentliche Daseinsvorsorge in und außerhalb Europas nicht vollständig der Liberalisierung ausliefern und heikle Bereiche wie Bildung und Gesundheit ausklammern zu wollen. Andererseits ist er erklärter Anhänger der Bolkestein-Richtlinie zur Liberalisierung der Dienstleistungen im Binnenmarkt, die unter anderem den Gesundheitssektor erfassen soll. Zur Frage der Liberalisierung der Wasserversorgung im Rahmen der GATS-Verhandlungen gab er nur ausweichende Antworten.
Die Vertreter der GUE/NGL im Handelsausschuss des Europäischen Parlaments können nach Abwägung aller vom Kandidaten vorgetragenen Positionen keine positive Empfehlung für die Wahl von Peter Mandelson zum EU-Handelskommissar abgeben.