Neue EU-Kommission soll soziales Europa beerdigen

Zur Vorstellung der neuen EU-Kommission durch den designierten Kommissionspräsidenten Barroso erklärt Sahra Wagenknecht, PDS-Europaabgeordnete:
Die Nominierung der neuen EU-Kommission beendet die letzten Zweifel, wohin die Reise unter Kommissionspräsident Barroso gehen soll: Die neoliberale Ausrichtung der Lissabon-Strategie ist einzig bestimmendes Programm. Mit der Nominierung ausgemachter Verfechter des Marktliberalismus für die Schlüsselressorts Handel, Wettbewerb und Binnenmarkt soll das Europa des Kapitals und der Großkonzerne noch weiter gestärkt werden. Durchgesetzt werden soll ein Kurs, der die ohnehin nur noch rudimentär vorhandenen Restbestände des sozialen Europas endgültig abwickelt und Privatisierung und ungebremstem Wettbewerb das Wort redet. Dafür steht auch die Benennung der Lettin Udre für das Steuerressort – in Lettland ist die Unternehmensbesteuerung besonders niedrig.
Neben dem spanischen Sozialdemokraten Almunia komplettiert Günter Verheugen als Industriekommissar und Vize-Kommissionspräsident das wirtschaftliche „Team“ – allerdings steht kaum zu erwarten, dass der Favorit des „Genossen der Bosse“ Gerhard Schröder ein tatsächliches Gegengewicht zur Ausrichtung der Kommission bilden wird. Im Gegenteil: Verheugen steht für die verfehlte deutsche Wirtschafts- und Währungspolitik, die die EU maßgeblich bestimmt. Als Stichworte seien nur genannt seine unkritische Position gegenüber dem Stabilitätspakt, seine uneingeschränkte Befürwortung von Privatisierung und Deregulierung sowie seine Arbeit als Erweiterungskommissar, die geprägt war von rein marktliberalen Konzeptionen ohne sozialen Ausgleich.
Die neue EU-Kommission steht für eine falsche Politik. Die Lehre vom freien Markt zum Allheilmittel für die Zukunft zu erklären, heisst auf Sozialdarwinismus zu setzen und den inneren Zusammenhalt Europas zum Nutzen der Reichen aufs Spiel zu setzen. Was wir brauchen, ist dagegen ein friedliches und soziales Europa, ein Europa des Ausgleichs und der Solidarität. Die neue EU-Kommission stellt die Weichen in eine ganz andere Richtung.

Sahra Wagenknecht, MdEP
Brüssel/Berlin, den 13. August 2004