Europas Linke: Der Berg kreist … GUE/NGL- Fraktion auf internationaler Konferenz in Warschau präsent
Nur ein reichliches halbes Jahr trennt uns von den Wahlen zum neuen Europäischen Parlament, in das erstmalig auch Abgeordnete aus den 10 neuen Mitgliedstaaten gewählt werden. Wie groß und wie stark künftig unsere Fraktion im neuen Parlament vertreten ist, hängt maßgeblich davon ab, wie sich die europäischen Linksparteien in den verbleibenden Monaten organisatorisch und inhaltlich auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen können. Die Bemühungen in Richtung einer Vereinigten Europäischen Linken sind in letzter Zeit auf verschiedenen Ebenen intensiviert worden, doch noch kreißt der Berg nur . . .
Bevor das Projekt Gestalt annimmt, ist ein Klärungsprozess unumgänglich. Dem diente auch eine internationale Konferenz Ende Oktober in Warschau, die sich mit der Frage „Demokratische Linksparteien in Europa – politisches Zukunftsprojekt in der erweiterten Europäischen Union?“ beschäftigte. Francis Wurtz, Fraktionsvorsitzender der GUE/NGL setzte sich kritisch mit der Bankenmacht, insbesondere der Rolle der Europäischen Zentralbank, auseinander und leitete daraus die Notwendigkeit einer wirkungsvollen linken Gegenmacht ab, die der neoliberalen Offensive auf allen Gebieten Einhalt gebieten kann. In meinem Beitrag habe ich unterstrichen, dass die europäische Linke aus allen der bald 25 Staaten umfassenden Union ihre Kräfte schöpfen muss. Die in der konföderalen Fraktion von 14 verschiedenen Parteien aus 10 Ländern gesammelten Erfahrungen in der gleichberechtigten Zusammenarbeit seien ein wertvoller Schatz, den es zu nutzen gelte. Eine erweiterte EU ohne eine starke Linke auf europäischer Bühne wäre ein herber Rückschlag – und dies nicht nur für fünf Jahre.
Redner aus Großbritannien, Polen und Tschechien analysierten die aktuellen Entwicklungsrichtungen in den europäischen Linksparteien nach dem Ende des Realsozialismus und dem Zusammenbruch der Sowjetunion und konstatierten mehrheitlich eine Tendenz zur Sozialdemokratisierung, besonders augenfällig in den Beitrittsstaaten, wo – mit Ausnahme Tschechiens – die Nachfolgeparteien der ehemals regierenden kommunistischen Parteien voll im Fahrwasser der Sozialistischen Internationale segeln. Es gebe nicht wenige Beispiele dafür, dass gerade sozialdemokratisch geführte Regierungen in den Beitrittsländern den von der EU diktierten Anpassungsprozess noch schärfer exekutieren als bürgerliche Kabinette, ohne auf entschlossenen parlamentarischen und außerparlamentarischen Widerstand zu stoßen.
Ob Europa reif ist für eine Vereinigte Linke als ein Sammelbegriff für Sozialisten, linke Sozialdemokraten, Grüne, kommunistische Parteien, progressive Bewegungen und Organisationen, bleibt offen, aber was die Linke braucht, ist eine linke Europapartei, in der sich jene Parteien zusammen schließen, die auch für eine linke Fraktion im neuen Europäischen Parlament eintreten.n