Vorgestellt: Vasemmistoliito – die Linksallianz Finnlands

Esko Seppänen

In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg war die „Demokratische Bewegung des finnischen Volkes (Suomen kansan Demokraattinen liitto) die Dachorganisation der Kommunistischen Partei bei den Wahlen. In der Krise des realen Sozialismus am Ende der achtziger Jahre wurde sie durch die Linksallianz (Vasemmistoliitto) ersetzt. Diese Allianz profitierte anfangs noch von dem großen materiellen Vermögen der Partei. Doch als Ergebnis von verfehlten Spekulationen an der Börse schmolzen diese Ressourcen schnell dahin. Am Ende stand nur der unehrenhafte ökonomische Bankrott der Kommunistischen Partei.
Im Gegensatz dazu stehen die Erfolge der Linksallianz bei den Wahlen. Im westeuropäischen Vergleich sind die jeweils erreichten 10-12 Prozent aller Stimmen ein gutes Ergebnis. In den kürzlich im März 2003 stattgefundenen Wahlen erhielt die Linksallianz 9,9 Prozent. Sie kann damit 19 Abgeordnete von insgesamt 200 im finnischen Parlament stellen, einen weniger als bei den vorangegangenen Wahlen.
Die Allianz ist seit 1995 Regierungspartei und hatte sich zum Ziel gesetzt, bei der im April stattgefundenen Neubildung der finnischen Regierung erneut Koalitionspartner zu werden. Für westeuropäische Verhältnisse war schon die bisherige Koalition unter Einschluss von Repräsentanten sowohl rechter als auch linker Positionen, bei der die Zentrumspartei regelmäßig in der Opposition stand, ausgesprochen ungewöhnlich. Bei den Märzwahlen hat nun allerdings die Zentrumspartei auf Kosten der Konservativen stark zugelegt, so dass sie in die Regierung eingetreten ist und die Konservativen in die Opposition gehen mussten. Auch die Linksallianz gehört nun nicht mehr der Koalition an.
In der Wirtschaftspolitik verteidigt die Linksallianz die Zusammenarbeit von Regierung, Unternehmern und Lohnabhängigen. Dieser Kooperatismus ist in der finnischen Politik das bestimmende Element. Keine Partei stellt diese heilige Dreieinigkeit des Kooperatismus in Frage. Sie ist die Basis der Macht der Sozialdemokratischen Partei und die Grundlage für die Zusammenarbeit unterschiedlichster politischer Kräfte mit ihr in der Regierung.
Innerhalb der Allianz sind es vor allem die Führer der sich an der Linksallianz orientierenden Gewerkschaft, die sich für eine enge Zusammenarbeit der linken Parteien stark machen und damit die Linksallianz fest an die Sozialdemokraten binden. Diejenigen, die sich hingegen für eine stärkere linke Profilierung aussprechen, kritisieren diesen Kurs.
Die Linksallianz versucht gegenwärtig ihr Image in Richtung einer rot-grünen Orientierung zu verändern. Sie hat sich daher klar gegen den Bau von weiteren Atomkraftwerken ausgesprochen. Das erfreut nicht unbedingt jene Mitglieder, die in den Gewerkschaften verankert sind, doch wird von ihnen im Gegenzug nicht verlangt, dass sie sich am Parlament stur an diese Vorgaben der Partei halten.
Als Finnland 1995 der Europäischen Union beitrat, hatten sich die Anhänger der Linksallianz in ihrer großen Mehrheit gegen die Mitgliedschaft ausgesprochen. Es ist wahrscheinlich, dass sich an dieser Einstellung seitdem nicht viel verändert hat, da bei den Wahlen zum Europäischen Parlament die europakritischen Kandidaten der Allianz regelmäßig beträchtlich mehr Stimmen erhalten als jene, die sich für eine Vertiefung der Integration aussprechen.
Die Linksallianz betreibt keine aktive europäische Politik. In ihren letzten Erklärungen zu europäischen Fragen verteidigt sie eine antiföderalistische Linie und spricht sie sich für eine Allianz unabhängiger Staaten und gegen ein föderales Europa aus. In der praktischen Regierungsarbeit verhält sie sich im Umgang mit ihren föderal orientierten Partnern hingegen pragmatisch.
Was aber die Frage einer NATO-Mitgliedschaft Finnlands angeht, so sind die Wähler der Partei fast geschlossen dagegen. Gemäß den regelmäßigen Meinungsumfragen zur NATO-Mitgliedschaft waren zu keinem Zeitpunkt nie mehr als 1/5 der gesamten Bevölkerung Finnlands für einen Beitritt, gegenwärtig sind es sogar nur 12%. Möglicherweise wird aber die Frage einer finnischen Mitgliedschaft von der zu bildenden Regierung in der neuen Legislaturperiode aufgeworfen werden.
Nach dem ökonomischen Zusammenbruch der alten Kommunistischen Partei hat sich die KP außerhalb der Linksallianz neu gegründet. Mit weniger als einem Prozent bei den Wahlen ist sie aber marginalisiert. Für die Linksallianz stellt sie daher kein Problem dar.
Die politische Plattform der Linksallianz zielt nicht in Richtung des Aufbaus des Sozialismus. Das Selbstverständnis gründet sich vielmehr auf die Verteidigung des Wohlstands der Bevölkerung. Dies ist die Basis, auf der die Linksallianz zur wichtigsten mittelgroßen Partei Finnlands geworden ist. Die Partei hat bei den Wahlen regelmäßig eine größere Anhängerschaft als die Grünen, die vor allem von jüngeren Wählern gewählt werden. Mit 8 Prozent erhielten die Grünen bei den letzten Wahlen 14 Sitze. Die Anhängerschaft der Linksallianz besteht dagegen aus der mittelalten bis älteren Wählern aus der Arbeiterklasse mit gesellschaftlich konservativen aber sozialpolitisch antikapitalistischen Werten.n
übersetzt von Andreas Wehr

Europaabgeordneter der Linksallianz
Esko Seppänen vertritt als einziger Abgeordneter die Linksallianz Finnlands im Europäischen Parlament. Er ist dort Mitglied im Ausschuss für Industrie, Außenhandel, Forschung und Energie. Zusammen mit seinen drei schwedischen Kollegen von der Linkspartei und der dänischen Abgeordneten von der Sozialistischen Volkspartei bildet er die Gruppe der Nordischen Grünen Linken in der Fraktion GUE/NGL.
Esko Seppänen ist von Beruf Ökonom und hat lange Zeit als Wirtschaftsjournalist gearbeitet. Von 1987 bis 1996 gehörte er dem Finnischen Parlament an und war dort von 1991 bis 1996 Vorsitzender des Umweltausschusses. Seit 1996 ist er Mitglied des Europäischen Parlaments.
Seit 1990 ist er Mitglied des Vorstands der Linksallianz und seit 1998 ist er auch ihr stellvertretender Vorsitzender.