Betriebsrenten – Spielgeld für Europas Finanzbranche?
Am 12. März 2003 hat das Europäische Parlament eine Richtlinie „über Tätigkeiten von Einrichtungen zur betrieblichen Altersversorgung“ im Grundsatz gebilligt. Damit wird ein Einstieg in einen EU-Binnenmarkt für Betriebsrentensysteme und zum Aufbau EU-weiter Pensionsfonds erreicht.
Die Richtlinie beinhaltet eine Liberalisierung der bisher unterschiedlichen Anlagevorschriften für die Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge. Künftig können 70 Prozent des Portfolios eines Betriebsrentensystems in Aktien oder Unternehmensanleihen angelegt – auch auf Risikokapitalmärkten – und 30 Prozent in Wertpapiere, die in ausländischen Währungen gezeichnet sind, investiert werden.
Für die Sicherheit der Betriebsrenten gibt es hingegen wenig Garantien. Die Finanzdienstleister müssen die Versicherten lediglich über ihre Anlagestrategie, ihre individuellen Rechte, ihren Kontenstand und über die allgemeine finanzielle Situation des Betriebsrentensystems korrekt informieren. Die Richtlinie macht keine Auflagen, dass wenigstens die Summe der eingezahlten Beiträge am Ende ausgezahlt wird. Eine verbindliche Mindestverzinsung oder irgendeine Form garantierter monatlicher Zahlungen vom Renteneintritt bis zum Lebensende werden ebenfalls nicht verlangt. Die Richtlinie lässt den Finanzdienstleistern also große Spielräume, bietet aber wenig Sicherheit für die betrieblichen Altersrenten der Versicherten. Sie passt damit gut in das Gesamtbild der „Rentenreformen“ in der EU, die auf einen rapiden Sozialabbau hinauslaufen.
Die Gewerkschaften haben die Auseinandersetzung um die Richtlinie weitgehend verschlafen. Dennoch tut sich was. Noch bei der ersten Lesung stimmten Sozialdemokraten, Konservative und Liberale im EP geschlossen für den Entwurf. In der zweiten Lesung gab es immerhin 156 Stimmen für einen Antrag der GUE/NGL-Fraktion, die Ratsposition zur Richtlinie zurückzuweisen.
Wir wurden von der Fraktion der Grünen und von rund 50 kritischen Abgeordneten aus der Sozialdemokratie unterstützt. Sind das erste Anzeichen einer neuen „sozialen Sensibilität“ bei den Sozis, um den eingeschlagenen Kurs bei den Rentenreformen kritischer ins Visier zu nehmen?n