Treffen mit Linken künftiger EU-Staaten in Bratislava
Zum vierten Male innerhalb von vier Jahren trafen sich Mitglieder der Linksfraktion im EP mit linken Kräften der Beitrittsstaaten. Nach Budapest, Prag und Warschau war am 23. / 24. Juni Bratislava das Ziel, Hauptstadt der Slowakei, deren Bevölkerung sich unlängst beim Referendum für den Beitritt zur EU ausgesprochen hat. Die KP der Slowakei hatte – im Gegensatz zur KP von Böhmen und Mähren – zu einem Ja aufgerufen, weil, wie ihr Vorsitzender Jozef Sivs betonte, eine Isolierung dem Land mehr Schaden als Nutzen brächte.
Das Nein war in der Partei umstritten, räumte der stellvertretende Parteivorsitzende der KPBM Miloslav Ransdorf ein, ein Drittel der Mitglieder hielt sich nicht an die Empfehlung der Führung und stimmte mit Ja, weil man in der Mitgliedschaft in der EU das „kleinere Übel“ sah. Als Zeichen für um sich greifende Desillusionierung wertete der Europapolitiker die Wahlbeteiligung von nur 55 Prozent.
Walter Baier, Vorsitzender der KP Österreichs, sprach über die Erfahrungen, die sein Land nach dem Beitritt gewonnen hat. Mit dem verstärkten Auftreten sozialer Probleme und Spannungen habe sich eine merkliche Rechtsentwicklung vollzogen – eine Gefahr, die man in den Beitrittsstaaten nicht unterschätzen sollte.
Francis Wurtz, Vorsitzender der Fraktion der Vereinten Europäischen Linken / Nordische Grüne Linke (GUE / NGL) griff diesen Gedanken auf und betonte, dass sich die EP-Linke gerade nach dem Gipfel in Thessaloniki für mehr Demokratie und soziale Gerechtigkeit in der EU einsetzen werde. Dazu werde man auch die Debatte um die künftige Verfassung nutzen, die kritisch zu hinterfragen sei. Erforderlich sei ein genereller Kurswechsel in der Union, was sowohl für die Wirtschaft als auch die Außen- und Sicherheitspolitik gelte.
Zu letzterem Problemfeld äußerten sich Herman Schmid, schwedischer grüner Abgeordneter, und Hans Modrow, Koordinator für Fragen des Beitritts innerhalb der GUE/NGL. Beide gingen davon aus, dass das Wachstum der EU von 15 auf 25 Staaten einen Quantensprung bedeutet, der die EU vor Probleme stellt, denen die angedachten Reformen nicht gerecht werden. Während Hans Modrow davon ausging, dass eine wirtschaftlich gestärkte EU danach strebt, zu einer politischen Macht mit weltweiter militärischer Interventionsfähigkeit zu werden, meinte sein schwedischer Kollege, die EU würde sich auf Grund des Widerstandes einzelner Länder nicht in Richtung einer zentralisierten militärischen Macht entwickeln.
Teilnehmer aus Polen, Lettland und der Slowakei forderten die Fraktion auf, sich intensiver und tiefgründiger mit der weiteren Entwicklung der EU zu befassen. Prof. Fjodorow von der Russischen Akademie der Wissenschaften erläuterte die Befürchtungen, die Russland in bezug auf die EU-Erweiterung hegt.
Die in der zweitätigen Debatte wiederholt gestellte Frage nach einer neuen Qualität der Kooperation der linken europäischen Parteien beantwortete Francis Wurtz mit Blick auf die Europawahlen 2004 mit den Worten: „Gemeinsam sind wir stärker“.