Die deutsche Landwirtschaft im Spannungsfeld Europas und der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik

Erika Czwing

Die künftige Entwicklung der Landwirtschaft wird maßgeblich dadurch bestimmt, dass die Globalisierung inzwischen auch die Agrarmärkte erfasst hat. Der Handel mit Agrarrohstoffen und vor allem mit Nahrungsmitteln wächst schneller als die Produktion.

Die künftige Entwicklung der Landwirtschaft wird maßgeblich dadurch bestimmt, dass die Globalisierung inzwischen auch die Agrarmärkte erfasst hat. Der Handel mit Agrarrohstoffen und vor allem mit Nahrungsmitteln wächst schneller als die Produktion.

Die 2001 in Doha eingeleitete WTO-Verhandlungsrunde soll zur weiteren Liberalisierung führen, was der Globalisierung einen neuen Schub verleihen wird. Die Agenda 2000-Beschlüsse und die Vorstellungen im Rahmen der Midterm-Review zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) sind auf eine stärkere Markt- und Umweltorientierung dieser Gemeinschaftspolitik ausgerichtet. Sie sollen der Gemeinschaft eine offensive WTO-Verhandlungsstrategie ermöglichen.

Das Problem der EU-Landwirtschaft besteht darin, dass sie aufgrund der Bevölkerungsdichte des Kontinents in besonders hohem Maße neben der Erzeugung landwirtschaftlicher Rohstoffe für Lebensmittel und Produkte im Nichtnahrungsbereich noch weitere wichtige Aufgaben zu erfüllen hat. Die Multifunktionalität – in der Agenda 2000 als Modell der europäischen Landwirtschaft beschrieben – ist ein objektives gesellschaftliches Erfordernis. Sie schließt die Aufgabe zur Reproduktion gesellschaftlicher Güter wie Luft, Wasser genauso ein, wie den Erhalt der Kulturlandschaft als Lebensraum für mehr als 400 Millionen Menschen. Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit wie auch an ethische Ansprüche z. B. im Tier- und Artenschutz haben in der europäischen Bevölkerung einen hohen Stellenwert.
Diese gesellschaftlichen Aufgaben lösen die Landwirte der EU mit großem Engagement und wachsendem Erfolg. Klar ist aber auch, dass sie damit Aufwendungen tätigen bzw. Einschränkungen auf sich nehmen müssen, die sie im internationalen Konkurrenzkampf benachteiligen. Die Anerkennung des Modells der multifunktionalen Landwirtschaft ist zu Recht die Verhandlungsbasis der EU in den begonnenen WTO-Verhandlungen. Damit wird die EU gleichzeitig zum Vorreiter einer Welthandelspolitik, die nicht nur ökonomischen Interessen folgt, sondern auch ökologische und soziale Erfordernisse einbezieht.

Während es in der Umweltpolitik mit verschiedenen multilateralen Abkommen erste Erfolge gibt, stecken die Versuche, soziale Aspekte im Welthandel zu berücksichtigen, noch in den Anfängen. Die Anerkennung der Einheit von ökonomischen, ökologischen und sozio-kulturellen Aufgaben der Landwirtschaft schließt das Recht der Handelspartner ein, im notwendigen Umfang den Erhalt der dafür erforderlichen landwirtschaftlichen Strukturen auch finanziell zu stützen. Für die EU bedeutet das, im Rahmen der GAP den notwendigen Abbau der Subventionen so vorzunehmen, dass Überproduktion und für Entwicklungsländer schädliche Exporte künftig vermieden werden. Gleichzeitig ist die weitgehende Selbstversorgung Europas mit Grundnahrungsmitteln durch Nutzung der eigenen Ressourcen auch als Beitrag zur Lösung des Welternährungsproblems zu sichern. Der dafür notwendige Aufwand muss – sofern er sich nicht allein über Agrarpreise realisieren lässt – im Rahmen der GAP oder von den einzelnen Staaten getragen werden, ohne das damit WTO-Sanktionen ausgelöst werden.

Die vorliegende Studie belegt die Schwierigkeiten und Probleme, die es mit der GAP sowohl zwischen den einzelnen Ländern wie auch zwischen der EU und der „übrigen“ Welt, aber auch bei der agrarpolitischen Schwerpunktsetzung selbst, insbesondere bei der Umsetzung der Multifunktionalität der Landwirtschaft und ländlichen Räume, gibt. Zugleich werden in ihr der Platz und die Rolle Deutschlands innerhalb der europäischen Landwirtschaft einschließlich der Auswirkungen der GAP auf die deutschen Bäuerinnen und Bauern in besonderem Maße beleuchtet.

Schließlich gibt die Studie Anregungen für Lösungsansätze, deren Ausgestaltung und Umsetzung nicht ohne, sondern nur mit den eigentlichen Akteuren, den Bäuerinen und Bauern in Kooperation mit den Verbraucherinnen und Verbrauchern, den Umwelt-, Natur- und Tierschützern und ihren Organisationen erfolgen kann und muss.