100 Milliarden Euro für ein soziales und ökologisches Zukunftsinvestitionsprogramm in Europa!

Zur anhaltenden Debatte um den Stabilitätspakt und ein europäisches Investitionsprogramm erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann:

Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise muss auch Europa einen eigenen Beitrag zur nachhaltigen Erholung und Stabilisierung der Binnenwirtschaft in der EU leisten. Ein europäisches soziales und ökologisches Zukunftsinvestitionsprogramm in Höhe von 100 Milliarden Euro ist deshalb lange überfällig.
Der Streit zwischen Italien, Frankreich und Deutschland darüber, ob ausschließlich Infrastruktur oder auch Forschungsprojekte gefördert werden sollen, geht am Kern des Problems vorbei. Wichtig ist die Frage, ob mit diesem europäischen Investitionsprogramm auch ökologisch, zivil und sozial umgesteuert wird.
Das Programm sollte deshalb in erster Linie
· dezentrale Netzwerke mit hoher Beschäftigungsintensität und positiven sozialen und ökologischen Folgewirkungen fördern;
· die Schiene im Regional- und Güterverkehr stärken;
· Umweltschutz, Stadterneuerung, Bildung, Sozial- und Kulturwirtschaft, Gesundheits- und Erziehungswesen sowie innovative Klein- und Mittelbetriebe in Produktion und Dienstleistungen unterstützen sowie
· Konversionsprojekte europaweit fördern, inklusive des zivilen Umbaus ehemals durch hohe Militärkonzentration geprägter Regionen.
Um die 100 Milliarden Euro dieses Zukunftsinvestitionsprogramms zu finanzieren, sollte die EU gemäß den Vorschlägen des Delors-Weißbuches von 1993 Unionsanleihen ausgeben, die von der Europäischen Investitionsbank (EIB) im Rahmen ihrer Förderpolitik eingesetzt werden könnten.
Darüber hinausgehend müsste, um weitere Programm folgen lassen zu können und um das 100-Milliarden-Programm zu verstetigen, die Nutzung eines Teils der Gold- und Währungsreserven der nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten in Angriff genommen werden. Damit könnte die Europäische Union die im Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) zusammengeschlossenen Notenbanken der 15 EU-Mitgliedstaaten (die von der EZB nicht benötigte offizielle Reserven im Umfang von rund 332 Milliarden Euro halten) nutzen, um weitere Programme aufzulegen. Über einen Zeitraum von 15 Jahren könnten so ab 2004 jährlich nahezu 20 Milliarden zusätzlich zu den anderen öffentlichen Investitionen von der Europäischen Union zur Umsteuerung bereitgestellt werden.
Europa braucht ein soziales und ziviles Investitionsprogramm. Europa braucht Investitionen in Umweltschutz und beschäftigungsintensive Wirtschaftsbereiche. Europa braucht ein Programm gegen Massenarbeitslosigkeit, soziale Ausgrenzung und Umweltzerstörung. Dieses 100-Milliarden-Investitionsprogramm ist ein wesentlicher Beitrag für bessere Lebensbedingungen und zur umweltgerechten Stärkung der Binnennachfrage in der Europäischen Union, um den gegenwärtigen Stagnationstendenzen entgegen zu wirken.

Brüssel, den 18. September 2003