Europäisches Investitionsprogramm – nur alter Wein in neuen Schläuchen?
Zur Ankündigung der EU-Kommission, ein europäisches Investitionsprogramm von 62 Milliarden Euro auflegen zu wollen, erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann:
In der Tat ist es zu begrüßen, dass sich die EU-Kommission endlich zum Handeln entschlossen hat und ein europäisches Investitionsprogramm auflegen will. Der Nachfrageschwäche auf dem europäischen Binnenmarkt darf nicht weiter einfach zugesehen werden!
Aus der Nähe betrachtet weist das geplante Programm jedoch zahlreiche Mängel auf: So gibt es ein eindeutiges Übergewicht von reinen Infrastrukturprojekten zu Lasten von Projekten, die nachhaltige Entwicklung, insbesondere im Beschäftigungsbereich, ermöglichen. Zudem bleibt die Finanzierung völlig ungeklärt: Der eingeplante private Anteil von immerhin 40% der Gesamtsumme ist ebensowenig gesichert wie die bei etlichen Projekten ausgewiesenen „nationalen Anteile“ aus den Mitgliedsländern. Damit steht und fällt aber das gesamte Programm.
Zudem drängt sich der Eindruck auf, als würde oft lediglich alter Wein in neuen Schläuchen gereicht: So wurden etliche, schon seit langem geplante Projekte jetzt einfach nur auf die Liste des europäischen Investitionsprogramms gesetzt. Auf diese Weise wird Europa jedoch die Wachstumsschwäche nicht überwinden können.
Die PDS hat dagegen in ihrem EU-Wahlprogrammentwurf den Vorschlag unterbreitet, ein soziales und ökologisches Zukunftsinvestitionsprogramms in Höhe von 100 Milliarden Euro aufzulegen. Dahinter steht der Gedanke, dass auch die europäische Ebene einen eigenen Beitrag zur nachhaltigen Erholung und Stabilisierung der EU-Binnenwirtschaft leisten muss. Das Konzept zielt vor allem darauf, dezentrale Netzwerke mit hoher Beschäftigungsintensität und positiven sozialen und ökologischen Folgewirkungen zu fördern. Ferner wird darin gefordert, die Schiene im Regional- und Güterverkehr auszubauen sowie Umweltschutz, Stadterneuerung, Bildung, Sozial- und Kulturwirtschaft, Gesundheits- und Erziehungswesen und innovative Klein- und Mittelbetriebe zu unterstützen. Von einem solchen Ansatz ist beim Kommissionsprogramm leider wenig zu spüren. Bis zur endgültigen Entscheidung des Europäischen Rates Mitte Dezember bleibt noch Zeit, dies zu korrigieren. Diese Zeit muss genutzt werden, damit in Europa investiert werden kann, um endlich sozial umzusteuern.
Brüssel, den 12. November 2003