André Brie: Marwan Barghouti sofort freilassen

Europaabgeordneter als Beobachter bei Prozess gegen palästinensischen Politiker. Treffen mit Arafat und Kureia. Scharfe Kritik an israelischem Mauerbau

Der Europaabgeordnete André Brie hat die sofortige Freilassung des palästinensischen Politikers Marwan Barghouti aus israelischer Haft gefordert. „Das Verfahren gegen den Fatah-Führer ist ein politischer Schauprozess, mit dem insbesondere die gemäßigten palästinensischen Kräfte und der legitime Widerstand gegen die Besatzung diskreditiert und kriminalisiert werden sollen“, erklärte der PDS-Politiker am Montag in Jerusalem. Bekanntermaßen trete Barghouti für eine Entspannung zwischen Palästinensern und Israelis ein. „Offensichtlich will die israelische Regierung mit dem Gerichtsverfahren die Chancen für einen Friedensschluss im Nahen Osten weiter zerstören“, so der Abgeordnete. „Die Bundesregierung und jene Vertreter von SPD und Grünen, die die Menschenrechte noch ernst nehmen, müssen sich aktiv und öffentlich für die Freilassung Barghoutis einsetzen.“ Brie hält sich derzeit mit einer Delegation des Europaparlaments zur Beobachtung des Prozesses gegen den Fatah-Führer in Israel auf.

Am Samstag war Brie mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat und mit dem palästinensischen Premier Ahmed Kureia (Abu Ala) zusammen getroffen. Den Besuch wertete der Europaparlamentarier als Zeichen der Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Auch die Sicherheit Israels verlange nach seiner Überzeugung die vollständige Beseitigung der Okkupation und den sofortigen Stopp der täglichen massiven Menschenrechtsverletzungen durch die israelische Regierung und Armee. Brie forderte von Israel, den USA und der EU, Arafat als legitimen Repräsentanten des palästinensischen Volkes zu akzeptieren: „Wer wie Sharon und Bush den Palästinenserpräsidenten ausschließt, demonstriert damit die Ablehnung jeder realistischen Lösung für den Nahost-Konflikt.“ Der Abgeordnete rief zu einer umfassenden Unterstützung für Premier Kureia auf, der sich mit klarer Zustimmung Arafats für einen sofortigen Waffenstillstand einsetze.

Alle Gesprächspartner sprachen sich nach Angaben des PDS-Abgeordneten deutlich gegen terroristische Aktionen aus und charakterisierten diese als äußerste Gefahr auch für den palästinensischen Kampf. Eine Lösung könne jedoch allein der Rückzug Israels aus allen 1967 besetzten Gebieten, einschließlich Ostjerusalems, und die Bildung eines souveränen palästinensischen Staates sein. „Diese Position teile ich ausdrücklich, auch, weil sie die einzige Möglichkeit ist, dauerhaft die Sicherheit Israels zu garantieren“, so Brie.

Scharf kritisierte der Parlamentarier die Errichtung des so genannten „Sicherheitszaunes“ durch Israel: „Dies ist kein ‚Sicherheits’zaun, sondern eine Okkupationsmauer, die die Expansion der israelischen Siedlungspolitik und die Verdrängung der Palästinenser ermöglichen soll.“ Die Sperre, deren Betonteile jenen der DDR-Mauer ähnelten, stelle nicht nur einen Bruch des Völkerrechts dar, sondern sei zugleich eine „wirtschaftliche und humanitäre Katastrophe für Hunderttausende Palästinenser“. Praktisch würden damit weitere 50 Prozent der ohnehin schon besetzten Gebiete durch Israel geraubt, betonte Brie. „Für die demokratische Geschichte Israels ist die Mauer eine Tragödie, für den Frieden droht sie, zum Todesstoß zu werden.“