EP bewertet 12jährige Tätigkeit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
Zur Verabschiedung seines Berichts über die Aktivitäten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) erklärt der PDS-Europaabgeordnete Helmuth Markov am 16. Januar 2003 in Strasbourg
Das Europäische Parlament hat heute mit großer Mehrheit meinen Bericht über die Aktivitäten der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung verabschiedet.
Unter den internationalen Entwicklungsbanken ist die EBWE bislang nur wenig bekannt – völlig zu Unrecht, denn Rolle und Tätigkeit dieser Bank verdienen durchaus Beachtung. Um so wichtiger ist es daher, dass das Europäische Parlament jetzt, 12 Jahre nach ihrer Gründung, in einem Initiativbericht erstmals die bisher geleistete Arbeit gewürdigt hat.
Die EBWE ist keine reine EU-Institution: Anteilseigner sind 61 Staaten, darunter alle EU-Mitgliedsstaaten, sowie die EU-Kommission. Sie wurde 1990 mit dem Ziel gegründet, in den Ländern Mittel- und Osteuropas und der GUS, die den Prinzipien der Mehrparteiendemokratie, des Pluralismus und der Marktwirtschaft verpflichtet sind, den Übergang zur offenen Marktwirtschaft und privates und unternehmerisches Handeln zu fördern. Damit ist sie unter den internationalen Entwicklungsbanken die einzige, die mit einem politischen Mandat versehen ist und dies mit ihren wirtschaftlichen Tätigkeit in Einklang bringen muss. Im Rahmen dieses Mandates ist sie auch verpflichtet, bei all ihren Aktivitäten Umweltschutz und Nachhaltigkeit zu fördern – eine Maßgabe, die auch für die Arbeit anderer Entwicklungsbanken wünschenswert wäre.
Das Europäische Parlament hat der Bank eine insgesamt gute Arbeit bescheinigt. In ihrer zwölfjährigen Tätigkeit hat sie über Kredite und Beteiligungen mit insgesamt 26 Milliarden Euro privatwirtschaftliche und öffentliche Projekte finanziert. Besonders ihr Engagement für die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen in den Transformationsländern wurde hervorgehoben. Die Bank orientiert sich bewusst mit Vorrang auf die Finanzierung kleinerer und mittelgroßer, häufig risikobehafteter Projekte, die von anderen Banken abgelehnt werden. Über spezielle Mikrofinanzierungsprogramme sind in den Partnerländern Mittelstandsbanken eingerichtet worden, die günstige Mikrokredite an Unternehmen vergeben. Die Bank hat bewiesen, dass sie bereit ist, Risiken einzugehen und auch in Krisenzeiten ihre Tätigkeit fortzuführen.
Ein wichtiges Anliegen war es nicht nur mir, sondern vielen Parlamentskolleginnen und -kollegen, die Bank an ihre soziale Verantwortung zu erinnern. Das politische Mandat darf nicht als Auftrag zu einer ausschließlichen Durchsetzung von Wirtschaftsliberalismus gedeutet werden. Vielmehr muss es Ziel der Aktivitäten der EBWE sein, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt im Sinne von Nachhaltigkeit sowie eine stabile Demokratie in den Partnerländern zu fördern. EBWE-Präsident Lemierre bestätigte dem Parlament in seiner Erwiderung, dass die Bank sich diesem Anliegen verpflichtet fühlt.
Um diesem Anspruch besser gerecht werden zu können, sollte die EBWE daher die Ergebnisse ihrer Arbeit auch unter gesamtgesellschaftlichem Blickwinkel beurteilen. Kennziffern wie die Entwicklung von Beschäftigung, der Lohn- und Einkommenssituation der Beschäftigten, der Produktivität und des Umsatzes von Unternehmen gehören in die Evaluierungskriterien der EBWE-Tätigkeit. Das Parlament bekräftigte mit großer Mehrheit dieses Anliegen des Berichterstatters. Ich hoffe, dass die Bank diese Anregung aufnehmen wird.
Mehrfach wurde in der Debatte im Plenum auch die künftige Rolle der EBWE in den EU-Erweiterungsländern zur Sprache gebracht. Da diese Länder den Transformationsprozess weitgehend abgeschlossen haben, unterliegen sie künftig nicht mehr dem EBWE-Mandat. Dennoch werden sie im EU-Integrationsprozess einer besonderen Förderung bedürfen. Insofern unterstütze ich den Vorschlag, das politische Mandat der Bank anzupassen und den EU-Beitrittskandidaten mit Hilfe der EBWE einen besseren Zugang zum Binnenmarkt zu ermöglichen.