Stabilitätspakt zivil reformieren: Zunkunftsinvestitionen statt Aufrüstung der EU!

Zu den Überlegungen von Verteidigungsminister Peter Struck und einigen seiner EU-Amtskollegen, die Investitionen des Militärhaushalts aus den Kriterien des Maastricht-Vertrages über die Europäischen Währungsunion herauszurechnen, erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Mitglied des Europäischen Konvents:

Der Stabilitätspakt, einst von der Regierung Kohl mit der Begründung durchgeboxt, durch gemeinsame Regelungen zur öffentlichen Verschuldung die Stabilität des Euro auf Dauer zu sichern, ist seit seiner Existenz mit Recht in der öffentlichen Diskussion. Die PDS hat, ebenso wie zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler oder Gewerkschaften, wiederholt gefordert, den Pakt zu reformieren, weil er die Staaten in wirtschaftlichen Krisenzeiten der Möglichkeit beraubt, nationale Investitionsprogramme aufzulegen, um so die Binnennachfrage wieder anzukurbeln.

Aber es war vor allem die rot-grüne Bundesregierung, die derartige Forderungen konsequent abblockte, indem sie darauf hinwies, dass mit Blick auf künftige Generationen am strikten Sparkurs festgehalten werden müsse. Nunmehr sprachen sich Verteidigungsminister Struck und seine Amtskollegen aus Italien, Frankreich und Belgien gemeinsam dafür aus, die rigiden Regeln des Stabilitätspakts für so genannte Verteidigungsinvestitionen aufzuweichen. Dabei geht es vor allem darum, die kostspielige EU-Eingreiftruppe mit etwa 60.000 Mann einsatzbereit zu machen. Sie soll, ähnlich wie die US-amerikanischen Streitkräfte, baldmöglichst über militärische Fähigkeiten für kriegerische Einsätze in globalem Maßstab verfügen. Derzeit ist die EU-Truppe lediglich in der Lage, „humanitäre“ und „friedenssichernde“ Einsätze durchzuführen.

Zweifellos muss der Stabilitätspakt reformiert werden, soll nicht durch immer neue Sparprogramme der Konjunkturmotor völlig abgewürgt werden. Die Forderung allerdings, dies ausgerechnet über die Militärausgaben zu tun, weisen in die völlig falsche Richtung. Bereits jetzt geben die 15 EU-Mitgliedstaaten über 170 Milliarden Euro pro Jahr für das Militär aus. Jetzt die Rüstungsausgaben weiter zu erhöhen, hieße, dass europaweit noch größere Einschnitte ins soziale Netz drohten, als beispielsweise zur Zeit schon in Deutschland, Österreich oder Frankreich vorgesehen sind. Die Bürgerinnen und Bürger werden hierfür zu Recht wenig Verständnis haben.

„Europäische Kanonenboote“ mit der weiteren Verarmung von Bürgerinnen und Bürgern bezahlen zu wollen, ist schon ein starkes Stück. Dies ist ein wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Irrweg, der gestoppt werden muss. Ein Militär-Keynesianismus à la Reagan und Bush ist die falsche Antwort auf die drohende Rezession und die Anforderungen europäischer Sicherheitspolitik.

Brüssel, den 20. Mai 2003