Druck auf Kuba ist der falsche Weg
Das Europäische Parlament in Straßburg hat sich am Mittwoch, den 3. September 2003 mit den angespannten Beziehungen zwischen der EU und Kuba beschäftigt. Als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses forderte der CDU-Abgeordnete Elmar Brok die EU-Instanzen auf, den Druck auf Kuba mit dem Ziel zu verstärken, einen Transformationsprozess zum Sturz des derzeitigen Regimes in Gang zu bringen.
Die EU begibt sich damit auf einen gefährlichen Weg, wenn sie mittels wirtschaftlichem, politischem und diplomatischem Druck von außen einen Regimewechsel in einem Land erzwingen will. Die Bedenken, die Entwicklungskommissar Nielson gegen ein solches Vorgehen äußerte, das Geist und Buchstaben des EU-Vertrages widerspricht, unterstütze ich voll. Die Beispiele Afghanistan und Irak, wo auf Betreiben der USA missliebige Regimes gestürzt wurden, ohne dass es eine Strategie für die Zeit danach gibt, sollten Warnung genug sein.
Auseinandersetzungen mit und um Kuba begleiten die Welt seit über 40 Jahren. In der Zeit des Kalten Krieges führten sie 1962 an den Rand eines Atomkrieges, was ebenso wenig vergessen werden soll wie die von der CIA gesteuerte Invasion in der Schweinebucht.
Die USA befinden sich seit Jahrzehnten faktisch in einem Kriegszustand mit Kuba, und auch die EU hat wenig unternommen, um ihr Verhältnis zu dem Karibikstaat zu normalisieren. Mit der jüngsten Entscheidung, die Kontakte zu reduzieren, ist ein neuer Tiefpunkt erreicht. Die moralische Empörung über die Vollstreckung der Todesstrafe gegen die drei Entführer, die Menschenleben aufs Spiel setzten, und die Repressalien gegen Oppositionelle, ist verständlich. Doch sie wäre überzeugender, wenn die EU und alle ihre Mitgliedsstaaten mit der gleichen Entschiedenheit gegen die hundertfachen Hinrichtungen in den USA, denen viele Unschuldige zum Opfer fallen, protestieren und handeln würden. Deshalb bleibt der Eindruck zurück, dass die EU mit unterschiedlicher politischer Elle misst, um nach der Renitenz in Sachen Irak in Washington wieder Punkte zu sammeln.
Wenn das Vorgehen Kubas, und damit meine ich auch die Ausfälle gegenüber der Union, als unverhältnismäßig zu bezeichnen ist, dann ist es die Reaktion der EU nicht minder. So hat sich Deutschland entschlossen, seine Teilnahme an der Buchmesse in Havanna 2004 abzusagen. Bücher haben in der deutschen Geschichte schon oft eine verhängnisvolle Rolle gespielt. Ob sie nun als Mittel im Kulturkampf gegen Kuba das richtige Mittel sind, ist höchst zweifelhaft.
Wie immer man zu Castros Politik steht: Niemand kann leugnen, dass Kuba nicht Terror exportiert, sondern Kultur, Bildung, Gesundheitsschutz. Es hat sich dadurch in der Welt Sympathien erworben.
Eine Politik der Isolierung, der Blockade und der Erpressung, wie sie die USA seit Jahr und Tag betreiben, widerspricht den erklärten Zielen der Union. Wir sollten den Mut haben – bei aller kritischen Distanz – den Dialog mit Kuba, wie er unter belgischer Präsidentschaft hoffnungsvoll begonnen hatte, wieder aufzunehmen, anstatt in das Feuer zu blasen.