Dem Rechtspopulismus keine Chance – Für eine offene und demokratische Europäische Union
Zu den fremdenfeindlichen Entgleisungen in der gestrigen Bundestagsdebatte zum EU-Verfassungsentwurf erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Mitglied des Europäischen Konvents:
Zu den fremdenfeindlichen Entgleisungen in der gestrigen Bundestagsdebatte zum EU-Verfassungsentwurf erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Mitglied des Europäischen Konvents:
Die gestrigen Äußerungen des CSU-Bundestagsabgeordneten Gerd Müller, wonach es nicht dazu kommen dürfe, dass künftig ein türkischer EU-Kommissar für die Einwanderungspolitik der EU zuständig sei, sind skandalös: Die bayerischen Landtagswahlen fest im Blick, spielt hier ein konservativer Abgeordneter ungerührt mit dem Feuer des Rechtsradikalismus und schürt fremdenfeindliche Stimmungen in der Bevölkerung. Dies ist nicht hinnehmbar. Wenn CDU und CSU, immerhin Mitglieder der Europäischen Volkspartei, weiterhin als demokratische Kräfte
ernstgenommen werden wollen, muss sich die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag klar und unmissverständlich von solcherart Entgleisungen distanzieren, die eine Beleidigung für alle in Deutschland lebenden Türkinnen und Türken darstellen.
Müllers Äußerungen erfolgen nicht zufällig zum jetzigen Zeitpunkt: Schon seit einiger Zeit liebäugeln die Unionsparteien, und insbesondere die bayerische CSU, damit, den Europawahlkampf im kommenden Jahr mit einer populistischen Kampagne gegen den EU-Beitritt der Türkei zu führen. Dies ist nicht nur in hohem Maße verantwortungslos, sondern auch ignorant: Schliesslich geht es jetzt in erster Linie darum, der EU angesichts der 2004 bevorstehenden Erweiterungsrunde zu mehr Demokratie, Transparenz, sozialem Ausgleich und Bürgernähe zu verhelfen. Der vorliegende Entwurf des Europäischen Konvents für eine EU-Verfassung tut dies bei aller notwendigen und begründeten Kritik durchaus in weiten Teilen. Allen Versuchen, progressive Elemente aus diesem Entwurf zu tilgen und die EU endgültig zur „Festung Europa“ auszubauen, muss eine entschiedene Absage erteilt werden. Dies gilt auch für die Blockadehaltung der rot-grünen Bundesregierung in der Frage eines fortschrittlichen, europäischen Asylrechts, die endlich aufgegeben werden muss.
Was den EU-Beitritt der Türkei angeht, so gelten hier, wie für jedes andere antragstellende Land auch, die 1999 in Kopenhagen definierten und klar umrissenen Kriterien für die Aufnahme von Verhandlungen. Dass sich die Türkei hier, und insbesondere in der Demokratiefrage, noch sehr bewegen muss, ist offensichtlich. Nicht akzeptabel sind jedoch die Versuche, Europa auf einen exklusiven Club „christlich-abendländischer“ Staaten reduzieren zu wollen. Die Bürgerinnen und Bürger wollen eine offene und demokratische Europäische Union. Dies sollte sich auch langsam bei führenden CSU-Politikern herumgesprochen haben.
Brüssel/Berlin, den 27. Juni 2003