GAP-Reform: Licht und Schatten im Agrarausschuss – Antrag zur Roggenintervention gebilligt

Christel Fiebiger

Zu den am 20. und 21. Mai 2003 im Ausschuss für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung des Europäischen Parlaments beschlossenen Berichten (Stellungnahmen) zu den Vorschlägen der EU-Kommission zur Halbzeitbewertung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erklärt die Europaabgeordnete Christel Fiebiger:

Der Agrarausschuss hat die Fischler-Reformvorschläge weder über den Haufen geworfen noch eins zu eins gebilligt. Die Kernelemente der Reform – weitere Preissenkungen, Entkoppelung der Direktbeihilfen von der Produktion, Bindung der Beihilfen an Umweltstandards und Einführung einer obligatorischen Modulation – wurden nicht in Frage gestellt, sondern lediglich modifiziert.

Nach den Willen der Ausschussmehrheit soll ab 2004 mit der Teilentkopplung der Prämien begonnen werden. Spätestens 2013 soll die vollständige Entkopplung durchgesetzt sein. Wegen tiefgreifender Meinungsverschiedenheiten kam jedoch keine Einigung auf eine Prozentzahl für die Teilentkopplung zustande. Eingeführt werden soll eine multifunktionale Betriebsprämie zur Stützung der Einkommen und der Landnutzung, die an Stelle der Flächenprämie für Ackerkulturen und der Bullenprämie tritt. Alle anderen Zahlungen sollen vorerst weiter an Produkte gebunden bleiben.
Auch wenn der Ausschuss damit den von der Kommission vorgesehenen Entkopplungsprozess zeitlich streckt, habe ich nicht zugestimmt. Ein solcher Systemwechsel bedarf der gründlichen Vorbereitung. Im Gegensatz zur Ausschussentscheidung halte ich es für geboten, dass dieser Systemwechsel nicht im laufenden Agenda-Zeitraum, sondern erst ab 2007 erfolgt.

Wichtige Modifizierungen gab es bei der Modulation. Anstelle der progressiven Kürzungen der Direktbeihilfen soll es jährlich gleichbleibende Kürzungen der Direktbeihilfen von 6 % in benachteiligten Gebieten und von 8 % in anderen Gebieten geben. Außerdem verlangt der Ausschuss, dass die modulierten Mittel zu 100 % für die ländliche Entwicklung zur Verfügung stehen. Für den Fall, dass das Plenum des Parlaments diese Position billigt, ist eine Machtprobe zwischen Parlament und Europäischen Rat vorprogrammiert. Denn nach dem vom Brüsseler Oktobergipfel 2002 beschlossenem Einfrieren der Ausgaben für die Agrarmarktordnungen und Direktzahlungen für 2007 bis 2013 werden die Modulationsmittel vor allem zur Finanzierung künftiger Marktordnungsreformen benötigt.

Zugleich hat der Ausschuss den Kommissionsvorschlag unterstützt, wonach die Modulationsmittel den Mitgliedsstaaten zentral unter Berücksichtigung der Kriterien landwirtschaftliche Fläche, Beschäftigung in der Landwirtschaft und Bruttoinlandsprodukt pro Kopf zugeteilt werden. Mein Antrag, die modulierten Mittel im jeweiligen Mitgliedsstaat für die ländliche Entwicklung zu verwenden, d. h. keinen zweiten Kohäsionsfonds zu schaffen, sondern diese Problematik bei der Reform der Regional- und Strukturpolitik zu verfolgen, fand keine Mehrheit. Das gleiche gilt für meinen Antrag, die unterschiedliche Beschäftigungsleistung der Betriebe bei der Modulation der Direktzahlungen zu berücksichtigen, indem jene Betriebe, die mit ihrer Produktion und Produktionsstruktur für überdurchschnittliche Beschäftigung sorgen, besser gestellt werden als Betriebe, die nur wenig Arbeitskräfte beschäftigen. Aufgrund des knappen Abstimmungsergebnisses (18 Nein-, 16 Ja-Stimmen) wird meine Fraktion diesen Antrag im Plenum erneut stellen.

Wichtig für die Landwirte in Nordostdeutschland und besonders in Brandenburg ist, dass der Ausschuss meinen Antrag zur Roggenproblematik angenommen hat. Anstatt der von der Kommission beabsichtigten vollständigen Abschaffung der Intervention beinhaltet er die Begrenzung der Roggenintervention auf jene Standorte, für die es bislang keine vertretbaren pflanzenbaulichen und betriebswirtschaftlichen Alternativen zum Roggenanbau gibt. Das wird zu zu geringeren Roggen-Interventionsbeständen führen sowie Einkommen und Beschäftigung in benachteiligten Gebieten erhalten. Des weiteren wurde der Schaffung eines Regelungsmechanismus zur Verbrauchsförderung von Roggen für die Verwendung im Mischfutter und als Rohstoff für spezielle technische Anwendungen und zur Energieerzeugung zugestimmt.

Positiv ist auch, dass die von mehreren Abgeordneten und von mir gestellten Anträge zur Beibehaltung der Möglichkeit der Rotationsbrache und des Anbaus von nachwachsenden Rohstoffen auf Stilllegungsflächen sowie zur Erhöhung der vorgesehenen Beihilfe für Energiepflanzen die erforderliche Mehrheit fanden. Das entspricht den klima-, umwelt- und energiepolitischen Erfordernissen.
Ich erwarte deshalb, dass das Parlament diese Änderungen billigt und auf dieser Basis die erforderlichen Schlussfolgerungen durch die Kommission und den Ministerrat gezogen werden.