André Brie: EU von gemeinsamer Strategie gegenüber Russland noch weit entfernt
Europaabgeordneter kritisiert Orientierung auf kurzfristige Interessen. Zusammenarbeit in Sicherheitspolitik, Wirtschaft und Menschenrechtsfragen gefordert
Der Europaabgeordnete André Brie hat die Europäische Union zur Umsetzung einer langfristig angelegten Strategie gegenüber Moskau aufgerufen. Unmittelbar vor dem EU-Russland-Gipfel am Freitag in St. Petersburg kritisierte der PDS-Politiker, das Brüsseler Vorgehen orientiere sich nach wie vor zu stark an kurzfristigen Interessen. Die fehlende Klarheit in der Gemeinschaft über das strategische und institutionelle Ziel des Dialogs mit Russland und das zögerliche Angehen von Problemen berge die Gefahr, dass „die derzeit weit offene Tür“ für die Entwicklung der Beziehungen geschlossen werden könnte.
„Die Gemeinsame Strategie der EU gegenüber Russland vom Juni 1999 ist bislang weder gemeinsam noch eine Strategie, noch wird das viel bescheidenere, aber immerhin existierende Konzept für die Beziehungen zwischen der EU und Russland konsequent realisiert“, erklärte Brie am Mittwoch am Rande einer Tagung in Thessaloniki. Notwendig sei vor allem eine tatsächliche Partnerschaft auf sicherheitspolitischem Gebiet: „In einer Welt, in der die Rolle der Vereinten Nationen und des Völkerrechts durch die Politik und die militärische Übermacht der USA akut gefährdet werden, ist es von größter Bedeutung, dass EU und Russland gemeinsam zu Multilateralismus, zur Stärkung des internationalen Rechts, internationaler Kooperation, internationaler Abkommen und internationaler Abrüstung beitragen.“
Daneben forderte Brie eine „substanzielle und qualitative“ Weiterentwicklung der ökonomischen Kontakte der EU zu Russland. Die bewusste Entwicklung wechselseitiger Verflechtungen könne die Beziehungen stabilisieren und auf dauerhafte Basis stellen. Als „unakzeptabel“ bezeichnete der Abgeordnete in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass die Struktur der russischen Exporte in die EU der eines rohstoffreichen Entwicklungslandes gleicht.
Nicht zuletzt brauche eine strategische Partnerschaft auf beiden Seiten eine konsistente und konsequente Orientierung auf Demokratie und die Durchsetzung der Menschen- und Minderheitenrechte, hob Brie hervor. Zwar müsse es auf beiden Seiten Achtung und Verständnis für Differenzen und unterschiedliche Bewertungen, Erfahrungen und Bedingungen in dieser Hinsicht geben. „Was es jedoch nicht geben darf, ist eine konjunkturelle Behandlung der Menschenrechte und ihrer Rolle, wie sie insbesondere in der Tschetschenienfrage zum Tragen kommt.“