Rolle der Regionen – noch viele offene Fragen für den Konvent
Zur heutigen Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im europäischen Aufbauwerk („Napolitano-Bericht“) erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Mitglied des Europäischen Konvents:
Zur heutigen Entschließung des Europäischen Parlaments zur Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften im europäischen Aufbauwerk („Napolitano-Bericht“) erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, Mitglied des Europäischen Konvents:
Mit dem heute mit großer Mehrheit angenommenen Bericht zur Rolle der Gebietskörperschaften im künftigen Europa („Napolitano-Bericht“) anerkennt das Europäische Parlament in bisher einmaliger Form die Rolle der Regionen und Kommunen im europäischen Einigungswerk. Zugleich werden die Gemeinschaftsorgane aufgefordert, die Regionen und Kommunen bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht besser zu unterstützen und sie bei der Beschlussfassung stärker als bisher einzubeziehen. Zu diesem Zweck soll die Europäische Union unter Beachtung des institutionellen Gleichgewichts neue Mechanismen der Beteiligung entwickeln und bestehende Mechanismen ausbauen.
So klar diese Grundrichtung von der Mehrheit des Europaparlaments mitgetragen wird, so schwierig und kontrovers gestaltete sich die Beratung im einzelnen. Wie ist zum Beispiel der Begriff der Region oder der Kommune im Gemeinschaftskontext angesichts einer Fülle unterschiedlicher nationaler Regelungen zu bestimmen? Und wie kann die Gemeinschaft diesen Unterschieden angemessen Rechnung tragen? Erst recht konnte keine Einigkeit über die Frage erzielt werden, in welchem Umfang Gebietskörperschaften – neben dem Ausschuss der Regionen – konkret am Entscheidungsprozess der EU zu beteiligen sind oder ob und unter welchen Voraussetzungen sie die Möglichkeit haben sollen, die Verletzung ihrer Rechte vor dem Europäischen Gerichtshof zu rügen.
Die schwierige Aufgabe, einen Konsens über diese Fragen herzustellen, wird dem Europäischen Verfassungskonvent vorbehalten sein, der seine Plenartagung Anfang Februar diesem Thema – der Rolle der Regionen – widmen wird. Hier wird es erneut darum gehen, die Balance zu finden zwischen der berechtigten Forderung nach Respektierung der jeweiligen Rechte der Regionen auf der einen Seite und der Notwendigkeit der einheitlichen Anwendung des Gemeinschaftsrechts auf der anderen Seite. Ohne Zweifel leistet der „Napolitano-Bericht“ dazu eine wertvolle Vorarbeit.
Straßburg, den 14. Januar 2003