Schluss mit der Ausbeutung in den Krankenhäusern

Zur heutigen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg, wonach künftig auch in deutschen Krankenhäusern der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zu gelten hat, erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann:

Die Entscheidung war längst überfällig und ist richtungsweisend: Die bislang in der Bundesrepublik geltende, ungerechte Regelung, wonach der Bereitschaftsdienst des Personals in Krankenhäusern nicht in vollem Umfang als Arbeitszeit galt, ist vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg kassiert worden – und das ist gut so. Schließlich kann es nicht angehen, dass den hart arbeitenden Menschen in deutschen Kliniken und Krankenhäusern mit fadenscheinigen Begründungen ein Teil ihres Lohnes vorenthalten wird. Was andernorts selbstverständlich ist – nämlich, dass Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit gilt – soll nun auch im vollen Umfang im deutschen Gesundheitswesen gelten.

Damit geht für das ärztliche und pflegerische Personal in deutschen Krankenhäusern ein Zustand zuende, der nicht anders als unglaublich bezeichnet werden kann: 30-Stunden-Dauerdienste, häufig am Rande der völligen Erschöpfung, bei gleichzeitiger Dauerbelastung und hohen fachlichen wie menschlichen Anforderungen – und das Ganze auch noch ohne angemessene Bezahlung. Es grenzt geradezu an ein Wunder und es zeugt vom hohen Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass der laufende Betrieb in den Krankenhäusern unter diesen Bedingungen überhaupt aufrechterhalten werden konnte.

Die jetzt vom EuGH verordnete Bezahlung des Bereitschaftsdienstes ist ein Schritt in die richtige Richtung. Viele Misstände im Gesundheitswesen bleiben jedoch. Das Kaputtsparen und die Privatisierungen im einst hervorragenden deutschen Gesundheitssystem müssen endlich gestoppt werden. Statt laufend „Reformen“ zu entwerfen, die aufgrund ihrer unsozialen Schlagseite ihren Namen nicht verdienen, sollten die Bundesregierung und die zuständige Ministerin endlich eine Politik betreiben, die für die Menschen, für Patientinnen und Patienten sowie das medizinische Personal gleichermaßen, da ist.

Brüssel, den 9. September 2003