Kompromiss für Ökopunktesystem für den Transit durch Österreich gescheitert
Die letzte Chance für eine einvernehmliche Lösung des Streits zwischen Österreich und der EU um die Fortführung des Ökopunktesystems im LKW-Transit durch Österreich ab 2004 ist gestern Abend im Vemittlungsausschuss von Rat und Parlament verspielt worden. Das ist insbesondere auf die harte Haltung der großen Mehrheit der Mitglieder dieser beiden europäischen Institutionen zurückzuführen, die eine weitgehende Aufhebung der Begrenzungen für Fahrten von umweltverschmutzenden LKW im Transit durch Österreichs sensible Alpenregion durchsetzen wollten. In der Diskussion innerhalb der EP-Delegation des Vermittlungsausschusses habe ich mich gegen den vorgeschlagenen Kompromiss ausgesprochen, da er die grundlegende Zielstellung der seit 1995 bestehenden Ausnahmeregelung für Österreich, die dauerhafte Reduzierung der Umweltbelastung durch den LKW-Transit, außer acht lässt. Mehr noch, die bisher erreichten positiven Ergebnisse bei der Begrenzung der schädlichen Auswirkungen werden wieder zunichte gemacht.
Obwohl alle Beteiligten am Verfahren ein bestimmtes Maß an Flexibilität zeigten, und in einigen Punkten zu einem Einvernehmen kamen, blieb die Hauptfrage der dauerhaften Begrenzung der Umweltbelastung ungelöst. Deshalb teilte ich die Argumentation meiner österreichischen Kollegen von Rat und Parlament, dass mit dem vorgeschlagenen Kompromiss die Bewilligung einer größeren Zahl von Ökopunkten als vorhandene ökonomische Nachfrage erfolgt. Damit wird der Grundkonsens aller bisherigen Ausnahmeregelungen, die gezielte Reduzierung von Fahrten der am meisten verschmutzenden LKW zur dauerhaften Einschränkung der Umweltbelastungen, verlassen. Es bleibt auch kein Anreiz mehr für den zielstrebigen Einsatz von schadstoffarmen LKW im Transit durch Österreich.
Im Detail sah der Kompromiss vor, dass für den Zeitraum 2004-2006 auf dem gesamten Territorium Österreichs – und nicht nur in den sensiblen Gebieten der Alpenpässe, wie vom Parlament noch in 2. Lesung gefordert – die saubersten LKW mit 1, 2, 3, 4 oder 5 Ökopunkten unbegrenzt den Transit nutzen dürfen. Hingegen sollten für mehr verschmutzende LKW mit 6, 7 und 8 Ökopunkten mengenmäßige Beschränkungen eingeführt und LKW mit mehr als 8 Punkten die Fahrt durch Österreich verboten sein, mit geringfügigen Ausnahmen für Griechenland.
Das Parlament hatte sich ursprünglich noch für die Einbeziehung der Kategorie 5 in die Begrenzung und der Kategorie 8 in das Verbot ausgesprochen, was vom Rat aber abgelehnt wurde.
Aus meiner Sicht ist die österreichische Regierung an der entstandenen Sackgasse jedoch nicht ganz unschuldig. Sie hatte es über Monate versäumt, belastbare Zahlen und Statistiken über den Transit vorzulegen. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes korrigiert darüber hinaus die bisher von den österreichischen Behörden zugrunde gelegte Zählmethode. Auch ist nicht zu verstehen, weshalb die umweltpolitischen Anstrengungen nur für die Transitverkehre gelten sollen, bilaterale Fahrten jedoch ausgenommen bleiben. Weiterhin wurde nicht bekannt, welche Anstrengungen durch die österreichischen Verantwortlichen selbst unternommen wurden, um den nationalen Fuhrpark umweltfreundlicher zu gestalten und Anreize für den Betrieb wenig verschmutzender LKW einzuführen.
Alle Anstrengungen für den Schutz sensibler Gebiete in der EU vor Umweltbelastungen durch den Straßenverkehr, zu denen in Zukunft mit Sicherheit nicht nur die österreichischen Alpentäler gehören werden, müssen nun auf die EU-Wegekostenrichtlinie konzentriert werden. Eine zufriedenstellende globale Regelung für die EU zu finden, dürfte jedoch noch weitaus komplizierter werden. Das wird die größte Herausforderung für die europäische Verkehrspolitik
in den kommenden Monaten und Jahren sein.