Entschließung des Europäischen Parlaments zum Nahen Osten vom 10. April 2002

Das Europäische Parlament, unter Hinweis auf seine an den Rat gerichtete Empfehlung vom 13. Dezember 2001 zu der Krise im
Nahen Osten und der Rolle der Europäischen Union in der Region, seine Entschließung vom 7. Februar 2002 zum Nahen Osten und
seine Entschließung vom 20. März 2002 zum Europäischen Rat vom 15./16. März 2002 in Barcelona,

A.zutiefst bestürzt über die sich zuspitzende menschliche Tragödie, die das israelische und das palästinensische Volk erleben,
B.in der Überzeugung, dass nur eine Rückkehr an den Verhandlungstisch wieder die Chance bieten wird, dass zwei Staaten, Israel
und Palästina, in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander in Frieden und Sicherheit existieren,
C.tief besorgt über die Zusammenstöße an der Grenze zum Libanon, die auf die gesamte Region übergreifen könnten,
D.in der Erwägung, dass eine Fortsetzung des Nahost-Konflikts eine Quelle fortwährender Spannungen in den arabischen Ländern
darstellt und zu einer Verschärfung der internationalen politischen und wirtschaftlichen Lage führt,

1.unterstützt die Resolutionen 1397, 1402 und 1403 des UN-Sicherheitsrates, in denen der Rückzug der israelischen Streitkräfte
aus den palästinensischen Gebieten einschließlich Ramallahs gefordert wird, und fordert ihre uneingeschränkte und
unverzügliche Umsetzung sowie die Einstellung aller Gewalt;
2.verurteilt mit Nachdruck alle von palästinensischen Extremisten gegen Israel begangenen wahllosen Terroranschläge durch
Selbstmordattentate; fordert die Palästinensische Behörde auf, größere Anstrengungen zur Verhütung terroristischer Akte zu
unternehmen;
3.verurteilt die militärische Eskalation durch die Regierung Scharon, die im Widerspruch zum internationalen und humanitären
Recht steht und keine wirksame Lösung gegen die Terroranschläge bedeutet; verurteilt die Unterdrückung der palästinensischen
Zivilbevölkerung durch die israelische Armee und die systematische Zerstörung von Infrastrukturen im Westjordanland;
4.weist die israelische Regierung nachdrücklich darauf hin, dass Yassir Arafat, dem demokratisch gewählten Präsidenten der
Palästinensischen Autonomiebehörde, Bewegungsfreiheit gewährt werden muss, und hält es für inakzeptabel, ihn de facto unter
Hausarrest zu stellen;
5.verurteilt die Weigerung von Premierminister Scharon, ein Treffen der hochrangigen EU-Delegation mit Präsident Arafat
zuzulassen, und ist der Ansicht, dass die israelische Regierung die ehrlichen europäischen Anstrengungen, eine Lösung der
Krise, einschließlich des Terrorismus-Problems, herbeizuführen, nutzen sollte; ist der Ansicht, dass die beleidigende Behandlung
der EU-Delegation einen Wendepunkt in den Beziehungen Israels zu Europa darstellt;
6.betont die Bedeutung des Treffens in Madrid zwischen Vertretern der Europäischen Union, den Vereinigten Staaten, Russlands
und dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, um die gegenwärtige Lage zu erörtern, und begrüßt die Initiative des
Ratsvorsitzes; fordert, dass die Entsendung einer internationalen Interpositions- und Beobachtertruppe in die Region unter der
Schirmherrschaft der Vereinten Nationen erwogen wird; fordert die Mitgliedstaaten auf, unverzüglich ihren Beitrag zu dieser Truppe
vorzubereiten;
7.fordert den Rat auf, ein Waffenembargo gegen Israel und Palästina zu verhängen;
8.fordert die Kommission und den Rat auf, unverzüglich den Assoziationsrat EU-Israel einzuberufen, um der israelischen Regierung
seinen Standpunkt darzulegen und sie aufzufordern, den jüngsten UN-Resolutionen Folge zu leisten und positiv auf die derzeit von
der Europäischen Union unternommenen Bemühungen, eine friedliche Lösung des Konflikts herbeizuführen, zu reagieren; fordert
die Kommission und den Rat in diesem Sinne auf, das Europa-Mittelmeer-Assoziationsabkommen zwischen der EU und Israel
auszusetzen;
9.unterstreicht die besondere Verantwortung der USA in dieser Krise, vor allem aufgrund ihres Einflusses auf die israelische Politik,
und unterstützt den Beschluss, eine hochrangige US-Delegation in die Region zu entsenden, um die Gespräche zwischen beiden
Parteien wieder in Gang zu bringen und der Gewalt ein Ende zu setzen;
10.begrüßt die Tatsache, dass die Arabische Liga den saudi-arabischen Vorschlag unterstützt, der eine Diskussionsgrundlage für
ein dauerhaftes Friedensabkommen zwischen Israel und Palästina darstellen sollte, und ersucht die israelische Regierung,
diesen Wendepunkt in der Haltung der arabischen Staaten zu dem Konflikt anzuerkennen;
11.verurteilt mit Nachdruck die jüngsten antisemitischen Vorfälle in Europa, z.B. gegen jüdische Synagogen, Schulen und Friedhöfe;
12.bekundet seine uneingeschränkte Unterstützung für die Israelis, Palästinenser und internationalen Organisationen, die auf allen
möglichen Ebenen für den Frieden arbeiten, einschließlich der israelischen Reservisten, die sich weigern, in den besetzten
Gebieten Militärdienst zu leisten, und bekundet insbesondere seine Sympathie und seine Unterstützung für die
israelisch-palästinensischen Friedenskoalitionen;
13.fordert Israel auf, den freien Zugang der Medien zu den besetzten Gebieten zu garantieren und es den diplomatischen Stellen und
Konsularbehörden der Europäischen Union zu erlauben, mit den EU-Bürgern in der Region Kontakt aufzunehmen;
14.beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, der Regierung und dem Parlament Israels, dem
Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde und dem Palästinensischen Legislativrat, dem Generalsekretär der
Vereinten Nationen, dem Präsidenten und dem Kongress der Vereinigten Staaten sowie dem Generalsekretär der Arabischen
Liga zu übermitteln.