Diskussion mit einem Bauernverbandspräsidenten
Am 18. Februar 2002 diskutierten der Präsident des Landesbauernverbandes Mecklenburg/Vorpommerns, Gerd-Heinrich Kröchert, und
Vorsitzende von Kreisbauernverbänden die Auftragsstudie der PDS-Delegation in der GUE/NGL-Fraktion über die Weiterentwicklung der
Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik mit dem Autor der Studie, Dr. Hans Watzek, und einem Vertreter des Auftraggebers. Diese
Beratung wurde durch den Landesbauernverband angeregt.
Übereinkunft bestand, dass die Zusammenarbeit von Erzeugern, Vorleistern, Verarbeitern bis zum Verbraucher eines höheren Niveaus
bedarf. Qualitätssicherung und „gläserne“ Produktion erfordern Gemeinschaftsarbeit, um Schwachstellen zu beseitigen und
Verbrauchervertrauen zu entwickeln.
Zur Halbzeitbewertung der Agenda 2000 wurde übereinstimmend festgestellt: Wer diese zu einer „Halbzeitreform“ machen will,
verkennt, dass verlässliche Rahmenbedingungen eine wesentliche Voraussetzung für eine stabile Entwicklung der Agrarbetriebe sind.
Immerhin haben die Bauern in Vertrauen auf die Politik ihre Betriebe entwickelt und dafür hohe Kredite aufgenommen. Anerkannt wurde,
dass Reformbedarf besteht. Deshalb fand die PDS-Position Unterstützung, mit der Halbzeitbewertung die Grundrichtungen der
Weiterentwicklung der GAP nach 2006 zu konzipieren.
Zur Überlegung der EU-Kommission, den Interventionspreis für Roggen zu senken bzw. die Roggenintervention abzuschaffen, wiesen
die Verbandsvertreter darauf hin, dass Roggen sowohl für Mecklenburg/Vorpommern als auch für die anderen ostdeutschen Länder –
aber auch für das künftige EU-Mitglied Polen als weltgrößtem Roggenerzeuger – ein besonderes Problem ist. Aufgrund der leichten
Böden wird in Mecklenburg/Vorpommern auf 25 % der Ackerfläche Roggen angebaut. Deshalb müssten Alternativen eröffnet werden. Z.
B. geht es um bessere Bedingungen, damit der Roggen in Zukunft stärker als Futtermittel sowie als nachwachsender Rohstoff und
Energiepflanze genutzt werden kann.
Über die Möglichkeiten veränderter Rahmenbedingungen nach 2006 gab es eine differenzierte Diskussion. Übereinstimmung bestand
am Festhalten einer flächendeckenden Agrarproduktion, was ohne einen bestimmten Außenschutz und Direktzahlungen für
Agrarbetriebe nicht funktioniert. Letztere sollten künftig nicht mehr nach Produkt und Tier, sondern funktionsorientiert, d. h.
produktionsunabhängig, gewährt werden. Das öffentliche Verständnis, aus Haushaltsmitteln die Pflege der Kulturlandschaft zu
vergüten, dürfte größer sein als wenn Erzeugnisse gestützt werden, die zum Teil nur mit Exportsubventionen auf dem Weltmarkt
absetzbar sind.
Diskutiert wurden Wege zur funktionsorientierten Förderung. Die von Ministerin Künast angestrebte Grünlandprämie sei für die
milchproduzierenden Betriebe keine Lösung. Hochleistungskühe werden nicht mehr auf die Weide gebracht. Vernünftig sei deshalb
eine Futterbauprämie in der Rinderhaltung, die auf Grünland und Ackerfutterfläche bezogen wird. Ziel sollte eine einheitliche
Flächenprämie sein.
Zum Ausstieg aus der Milchquotenregelung gab es unterschiedliche Meinungen. Da kein Bereich so wenig wettbewerbsfähig sei wie
die Rinderhaltung und Milchwirtschaft, plädierte die Mehrheit der Landwirte gegen die Abschaffung der Milchquotenregelung und für
deren Ersetzung durch eine bessere.
Die Entwicklung des ökologischen Landbaues sollte nicht am Markt vorbei, sondern immer aus Sicht der Aufnahmefähigkeit des
Marktes erfolgen – auch um die Einkommen der Ökobauern zu sichern. Ein neues ideologischen Leitbild „Öko-Landbau“ würde nicht
gebraucht. Weiterhin wird hauptsächlich die konventionelle Landwirtschaft die Bevölkerung versorgen. Der Schwerpunkt muss deshalb
auf weitere Maßnahmen zur umweltgerechten Produktion in allen Betrieben gelegt werden. Alleingänge der Bundesregierung bei der
Veränderung von Rahmenbedingungen, Regeln und Standards, die einheitliche Wettbewerbsbedingungen verzerren, werden
abgelehnt. Viel wichtiger sind Schritte zur EU-weiten Harmonisierung, insbesondere im Hinblick auf Agrardieselsteuer, Pflanzenschutz
und Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Die Entwicklung ländlicher Räume als zweite Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik wird unterstützt. Für die Landwirtschaft sind
lebensfähige ländliche Räume eine Voraussetzung und sie ist gleichzeitig auch ein entscheidender Faktor zur Erhaltung und
Gestaltung ländlicher Räume. Eine Verlagerung finanzieller Fonds darf aber die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaftsbetriebe nicht
in Frage stellen.