Die Ergebnisse von Sevilla sind mehr als enttäuschend
Zu den Beschlüssen des EU-Gipfels von Sevilla über die Reform des Rates erklärt Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann, PDS-Europaabgeordnete und Mitglied des Europäischen Konvents, Brüssel, den 24. Juni:
Die in Sevilla von den EU-Staats- und Regierungschefs vereinbarten Reformen sind als Schritte zur Effektivierung und
Weiterentwicklung der Ratsarbeit nicht wirklich erwähnenswert. Sie setzen kein Signal für die so dringend benötigte Transparenz und
Offenheit des Rates. Damit wurde erneut eine Gelegenheit verpasst, die Tätigkeit der mächtigsten EU-Institution den Bürgerinnen und
Bürger verständlicher zu machen und näher zu bringen. Mehr noch. Auch weiterhin wird in Brüssel Macht anonym ausgeübt.
Zwar hat sich der Rat in Sevilla zum ersten Mal dazu durchgerungen, dass „Beratungen des Rates über Rechtsakte, die in
Mitentscheidung mit dem Europäischen Parlament erlassen werden“ gegebenenfalls öffentlich sein könnten. Aber die in diesem
Zusammenhang formulierten Bedingungen sind derart restriktiv, dass von Öffentlichkeit der Tätigkeit des Rates in seiner Funktion als
Gesetzgeber keine Rede sein kann. So will der Rat lediglich „in der Anfangsphase des Verfahrens“, wenn die EU-Kommission zu ihren
Rechtsvorschlägen Stellung nimmt, sowie „in der letzen Phase des Verfahrens“ anlässlich der Abstimmung und bei Erklärungen zur
Stimmabgabe begrenzt Öffentlichkeit zulassen. Wenn es aber um den Kern der Gesetzesberatungen geht, dann bleiben die Türen
unverändert geschlossen.
Die Entscheidungen von Sevilla sind einer Union europäischer Demokratien unwürdig. Die Bürgerinnen und Bürger werden im Grunde
zum Narren gehalten. Man muss sich nur einmal vorstellen, im Bundestag oder im Europäischen Parlament würden
Gesetzesberatungen im Geheimen erfolgen!
Vor diesem Hintergrund ist der Europäische Konvent erst recht gefordert, im Rahmen seiner Verfassungsarbeit weitreichende
Vorschläge zur Reformierung des Rates vorzulegen. Ich werde mich deshalb im Konvent mit Nachdruck dafür einsetzen, dass in einer
künftigen europäischen Verfassung festgeschriebenen wird, dass der Rat als Legislativorgan öffentlich tagt.