Zum Abstimmungsverhalten im Europäischen Parlament zu den Berichten von Stefano Zappala zur Vergabe öffentlicher Aufträge

Erklärung von Helmuth Markov am 16.01.2002 in Straßburg

Die Fraktion der GUE/NGL im Europäischen Parlament hat sich gegen die Annahme der Berichte zum Verfahren der Vergabe
öffentlicher Lieferaufträge, Dienstleistungen und Bauaufträge zur Koordinierung der Auftragsvergabe im Bereich der Wasser-. Energie-
und Verkehrsversorgung ausgesprochen.

Die Berichte enthalten einige positive Aspekte. So wurde die gemeinschaftliche Politik zum Umweltschutz ebenso einbezogen, wie
Möglichkeiten für Gebietskörperschaften, unter bestimmten Bedingungen ohne Ausschreibung an eigene, privatrechtlich organisierte
Unternehmen ohne öffentliche Ausschreibung zu vergeben und unseriöse Billigangebote und Angebote rechtskräftig verurteilter Bieter
abzulehnen. Auch soll öffentlichen Auftraggebern erlaubt sein, in ihren Ausschreibungen Bedingungen festzuschreiben, die sozialen
und beschäftigungspolitischen Zielsetzungen gerecht werden – beispielsweise der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit im Allgemeinen
und die Integrierung von benachteiligten Personen in den Arbeitsmarkt. Positiv zu bewerten ist gleichfalls die Erhöhung der
Schwellenwerte auf 200.000 bzw. 300.000 € bei der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen und auf 7.000.000 € bei
öffentlichen Bauaufträgen. Dies reduziert den Ausschreibungsaufwand und ermöglicht die Einbeziehung regionaler KMU.

Dennoch sind die Berichte im Ganzen aus wichtigen Gründen abzulehnen:

Die weitere und insbesondere auch grenzüberschreitende Liberalisierung vor allem im Bereich der Wasser-, Energie- und
Verkehrversorgung bietet kaum noch Möglichkeiten sozial- und wirtschaftspolitischer Kontrolle, Einflussnahme und somit
Wahrnehmung von Verantwortung der Gebietskörperschaften. Es gibt kein Reziprozitätsgebot. Dies bedeutet, es ist Unternehmen auch
dann erlaubt, grenzüberschreitend Anbieter zu sein, wenn das Wohnsitzland des Unternehmens selbst seinen Markt nicht öffnet. Hier
können Kostenvorteile des einen Mitgliedstaates zu lasten eines anderen genutzt werden – kein Zeichen für wirtschaftlichen und
sozialen Zusammenhalt in der EU. Wieder einmal wird betriebswirtschaftlichen Aspekten Vorrang vor volkswirtschaftlichen wie
Beschäftigungsförderung, Umwelt und Raumplanung gegeben. Außerdem unterliegen selbst Postdienstleistungen dem Rahmen
dieses neuen Richtlinienvorschlags, obwohl es hierzu eine eigene Richtlinie gibt, die viel engere Grenzen vorsieht.

Aufgrund dieser Punkte kann meine Fraktion die Entscheidung des Parlaments nicht mittragen.