SPD-Sparkommissar Eichel verfing sich in der Stabilitätsfalle seines CSU-Amtsvorgängers Theo Waigel
Zur Abmahnung Deutschlands aus Brüssel erklärt die PDS-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann:
Die Bundesrepublik ist in der Euro-Zone zum Spitzenreiter beim Schuldenmachen geworden. 2001 hat sich das Finanzierungsdefizit
Deutschlands mit 2,7 Prozent gefährlich der laut Maastrichter Vertrag erlaubten Neuverschuldungsgrenze von 3,0 Prozent des
Bruttoinlandprodukts angenähert. Währungskommissar Pedro Solbes begründete den Rüffel der Kommission damit, dass
Deutschland um signifikante 1,1 Prozentpunkte vom selbstgesteckten Ziel seines Stabilitätsprogramms abgewichen sei. Gravierend
komme hinzu, dass die Länder und Gemeinden mit 60 Prozent bei der Berechnung des Budgetdefizits zu Buche schlagen. Die Größe
eines Landes oder Wahlkampftaktik dürften laut Solbes beim Aussprechen von Abmahnungen keine Rolle spielen. Gerade die größte
Volkswirtschaft in der EU trage eine besondere Verantwortung dafür, dass die Wirtschafts- und Währungsunion dauerhaft funktioniere.
Dieser Vorgang ist besonders pikant, hatte doch Deutschland vor fünf Jahren unter Finanzminister Waigel gegen den Willen anderer
EU-Mitgliedstaaten den Stabilitäts- und Wachstumspakt, der mittelfristig auf einen nahezu ausgeglichenen Haushalt abzielt und
deshalb eine solche Frühwarnung verbindlich vorschreibt, mit Brachialgewalt durchgesetzt. Vom Tisch gewischt wurde der bereits
damals erhobene Einwand, dass die Grenzwerte für die Staatsverschuldung sowohl willkürlich als auch unnötig starr gezogen wurden.
Nun, in Zeiten von Stagnation und Rezession, erweisen sich diese engen Fesseln geradezu als tödliches Gift für eine wirtschaftliche
Wiederbelebung.
Jetzt kommt es darauf an, dieses Dilemma schnellstmöglich zu überwinden, indem rasch Spielräume für eine antizyklische
Wirtschaftspolitik geschaffen werden. In diesem Zusammenhang verdienen die von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi in der
Zeitschrift „Focus-Money“ unterbreiten Vorschläge Beachtung, den Stabilitätspakt zu ergänzen. Er forderte, für die Verwendung
ungeplanter Steuer-Mehreinnahmen und Überschüsse gemeinsame Regeln einzuführen. Dies setzt die Etablierung einer Art von
Wirtschaftsregierung in der Euro-Zone voraus, zu der auch eine gemeinsame Beschäftigungspolitik gehört. Die dazu vom französischen
Ministerpräsidenten Jospin entwickelten Vorstellungen sollten endlich aufgegriffen werden.