André Brie: EU von Partnerschaft mit Russland noch weit entfernt

Europapolitiker sieht bisherige Strategie als gescheitert an. Berechenbare und kooperative Politik gefordert

Der Europapolitiker Dr. André Brie sieht erheblichen Nachholbedarf der Europäischen Union bei der Entwicklung eines
partnerschaftlichen Verhältnisses mit Russland. „Die Brüsseler Position in der Visumfrage für Kaliningrad zeigt abermals, dass die EU
nicht bereit ist, die Beziehungen auf Basis der Gleichberechtigung aufzubauen“, erklärte Brie am Sonntag in Berlin. Bei dem am Montag
stattfindenden EU-Russland-Gipfel soll unter anderem über ein spezielles Visum für Russen bei der Reise nach Kaliningrad, das nach
einem EU-Beitritt Polens und Litauens im Gemeinschaftsgebiet liegen würde, verhandelt werden. Moskau hatte eine solche Regelung
für seine Exklave Kaliningrad bislang als diskriminierend abgelehnt.

Nach Ansicht des PDS-Europaabgeordneten ist die EU-Strategie gegenüber Russland gescheitert. „Schon das 1994 geschlossene
Partnerschafts- und Kooperationsabkommen war einseitig von den Interessen der EU-Staaten dominiert“, erklärte Brie. Auf einer
solchen Grundlage sei eine stabile Entwicklung des Verhältnisses zu Moskau nicht möglich gewesen. Zudem seien die Beziehungen
stark von tagespolitischen Aspekten beeinflusst worden: „Als es den USA darum ging, Russland nach den Anschlägen vom 11.
September 2001 in die weltweite Anti-Terror-Koalition einzubinden, stoppte die EU ihre sehr berechtigte Kritik am russischen Vorgehen
in Tschetschenien. Und dies, obwohl in der ‚Demokratieklausel‘ des Partnerschaftsabkommens die Pflicht zur Achtung der
Menschenrechte ausdrücklich fixiert wurde.“

Brie forderte, bei dem Russland-EU-Gipfel in Brüssel die Weichen in Richtung auf eine tatsächliche strategische Zusammenarbeit zu
stellen. Dies schließe auch eine Veränderung der Warenstrukturen im gegenseitigen Handel ein. Westeuropa nehme zwar mit einem
Anteil von etwa 35 Prozent den ersten Platz im russischen Außenhandel ein, allerdings würden im wesentlichen Rohstoffe geliefert. Die
EU ihrerseits exportiere vor allem Maschinen und Fertigerzeugnisse nach Russland. „Wenn die EU wirkliche Partnerschaft mit
Russland will, sind eine faire, verläßliche, für beide Seiten berechenbare und kooperative Politik unverzichtbar“, so Brie.