Für einen Kurswechsel in der europäischen Wirtschaftspolitik

Zur heutigen Vorstellung der Wirtschaftsprognosen 2001-2003 durch die Europäische Kommission erklärt der Europaabgeordnete Helmuth Markov (PDS) in Brüssel am 24.04.2002:

„Die Wirtschaft des Eurogebiets ist im letzten Vierteljahr 2001 geschrumpft, doch zeichnet sich eine schrittweise Erholung ab. Ob der
Aufschwung im ersten Halbjahr an Fahrt gewinnt, hängt entscheidend vom Privatverbrauch ab. In der zweiten Jahreshälfte dürfte sich
dann das Wachstum im Euro-Gebiet beschleunigen und im vierten Quartal 2002 die Potenzialrate des Wachstums erreichen. Für das
nächste Jahr wird demnach ein durchschnittliches Wachstum von fast 3,0% prognostiziert. Trotz eines vorübergehenden Anstiegs der
Arbeitslosigkeit im Jahr 2002 wird sich das Beschäftigungswachstum fortsetzen, und man erwartet, dass in den nächsten beiden
Jahren im Euro-Gebiet 1,8 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote wird 2003
voraussichtlich niedriger sein als 2001. Die Inflation dürfte im zweiten Vierteljahr 2002 sinken, so dass die Inflationsrate sowohl in
diesem wie auch im nächsten Jahr bei durchschnittlich etwa 2,0% liegen würde. Das gesamtstaatliche Haushaltsdefizit im Eurogebiet
wird sich konjunkturbedingt voraussichtlich zwei Jahre in Folge ausweiten und 2002 bei 1,4% des BIP liegen. Dennoch wird nicht
erwartet, dass sich der strukturelle Haushaltssaldo 2002 verschlechtern wird, da sich die Mitgliedstaaten verpflichtet haben, ab 2003
oder 2004 einen nahezu ausgeglichenen Haushalt oder Haushaltsüberschuss zu erreichen.“

So äußert sich die Kommission zu den Wirtschaftsprognosen für 2001-2003. Im Rückblick auf den Zeitraum 2000-2001 resümiert sie
zu den die Wachstumsentwicklung beeinflussenden Faktoren: Von 2000 bis 2001 sank die durchschnittliche Wachstumsrate im
Eurogebiet um die Hälfte auf 1,6%. Besonders schwach war das Wachstum in Deutschland und Finnland, während die weltweite
Konjunkturverlangsamung in Griechenland durch die Inlandsnachfrage vollständig ausgeglichen wurde. Auch im Vereinigten Königreich
erwies sich der Privatverbrauch als widerstandsfähig, so dass die Wachstumsverlangsamung (mit nur 0,6 Prozentpunkten) recht milde
ausfiel; dies gilt in geringerem Maße auch für Spanien, Frankreich und Italien.

Trotz dieser Analyse, die die Bedeutung der Binnennachfrage für die Konjunkturentwicklung dokumentiert, wird in Europa, und so auch
in Deutschland, weiterhin eine neoliberale Wirtschaftspolitik verfolgt, die von Liberalisierung und Privatisierung geprägt ist. Die richtige
Antwort aber wäre ein Wechsel von dieser angebotsorientierten zu einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik. Steuerliche Entlastung
der unteren Einkommensgruppen, Verringerung der Arbeitslosigkeit durch drastische Reduzierung der Arbeitszeit, Abbau der
Überstunden, eine Rentenreform, wonach alle, die Einkommen aus Erwerbstätigkeit beziehen, in die Rentenkasse einzahlen,
Erhöhung der Löhne und Gehälter, insbesondere im Niedriglohnbereich – nur mit solchen Maßnahmen kann nachhaltige wirtschaftliche
und soziale Entwicklung in einer Zeit veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen und Neuorientierung gesichert werden.