Konkurs der Szczeciner Werft:
André Brie kritisiert Politik der EU im Schiffbausektor, Brüssel, 16. Mai 2002
Vor dem Hintergrund des Konkurses der Szczeciner Werft hat der PDS-Europaabgeordnete Dr. André Brie scharfe Kritik an der
Europäischen Kommission geäußert. „Die globale Standortkonkurrenz, wie sie von der Welthandelsorganisation WTO und der
Europäischen Union voran getrieben wird, erweist sich als höchst problematisch für die Werftindustrie in der EU und den
Beitrittsländern“, erklärte Brie am Donnerstag in Straßburg. „Obgleich die Wettbewerbsverzerrungen massiv sind, unternimmt die
Kommission kaum wirkungsvolle Anstrengungen, dies zu ändern.“ So habe der Ende April von der EU-Kommission vorgelegte 5.
Schiffbaubericht weder eine Erholung des Marktes noch eine Änderung bei den Geschäftspraktiken südkoreanischer Werften
festgestellt, die mit Dumpingpreisen die WTO-Regeln verletzten. „Ein Konzept zur Lösung dieser Probleme hat die Kommission jedoch
nicht erkennen lassen“, so der Abgeordnete. Brie bemängelte zugleich, dass die Marktliberalisierung im Schiffbausektor nicht durch
soziale und auch ökologische Standards ergänzt wird. Allein auf der Werft in Szczecin (Stettin) droht nach der Insolvenzerklärung vom
Mittwoch der Verlust von 5.000 Arbeitsplätzen.
In diesem Zusammenhang mahnte der PDS-Parlamentarier abermals faire Wettbewerbsbedingungen für die ostdeutsche
Schiffbauindustrie an. Der EU-Ministerrat hatte Mitte der 90er Jahre für die vier Seewerften in Mecklenburg-Vorpommern
Modernisierungs-Beihilfen genehmigt, ihnen zugleich aber Produktionsbeschränkungen auferlegt. Ausdrücklich begrüßte der
Europa-Abgeordnete das jüngst getroffene Urteil des EG-Gerichts erster Instanz, das die Rückzahlung von Beihilfen durch die
Rostocker Kvaerner-Werft wegen Kapazitätsüberschreitungen zurück gewiesen hatte. „Allerdings geht es nicht um Einzelschritte,
sondern um eine generelle Änderung der EU-Politik im Schiffbau und gegenüber den ostdeutschen Werften“, betonte Brie.