Deutsch-französische Allianz gegen Asylrecht

Zur Absicht von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac, die Asylpolitik der EU zu verschärfen, erklärt die PDS-Europaabgeordnete Dr. Sylvia-Yvonne KAUFMANN, Mitglied im Europäischen Konvent:

Offensichtlich hat nun auch Bundeskanzler Gerhard Schröder die „Zeichen der Zeit erkannt“ und versucht, mit rechtspopulistischen
Vorstößen gegen Migranten und Flüchtlinge auf Stimmenfang zu gehen: Bei einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Jacques
Chirac am Montag in Paris forderten beide Politiker strengere Kontrollen an den EU-Außengrenzen und eine weitere Verschärfung der
Einwanderungsgesetze. Ebenso wie der spanische Regierungschef Aznar und der britische Premier Blair wollen Schröder und Chirac
das Thema beim nächsten EU-Gipfel im Juni in Sevilla auf die Tagesordnung setzen und eilig konkrete Verschärfungen beschließen.

Dieser Vorstoß kann als weiterer Erfolg des Rechtspopulismus in Europa gelten. Nachdem sich nun auch in den Niederlanden der
Rassismus auf dem Weg in die Regierungsverantwortung befindet, wächst in Deutschland und in anderen Ländern der EU
offensichtlich die Neigung, im trüben Sumpf rechter Stimmungsmache gegen Ausländer und Ausländerinnen zu fischen. So zum
Beispiel, wenn Chirac ein entschlossenes Vorgehen gehen die vermeintlich wahren Schuldigen für das Elend in der Welt, die
„mafiösen Schlepperbanden“, fordert, die „auf völlig unmenschliche Weise die Einwanderung in unsere Länder organisieren“.

Ich bin bestürzt darüber, dass es Schröder und Chirac nicht etwa darum geht, „menschlichere“ Formen der Einwanderung zu finden.
Nein, im Gegenteil: Bei einer Neuregelung im europäischen Rahmen sollen die schon jetzt restriktiven Regelungen auf nationaler
Ebene „nicht aufgeweicht“ werden. Im Klartext heißt dies: Die bestehende menschenunwürdige Praxis von Abschiebungen soll
beibehalten und weiter verschärft werden.

Zeitgleich zu dem Vorstoß von Schröder und Chirac hat die Europäische Kommission vor den rigiden ordnungspolitischen
Vorstellungen von Innenminister Otto Schily kapituliert: Insbesondere auf deutschen Druck zog sie ihre Vorschläge für eine humane
Asyl- und Migrationspolitik in der Europäischen Union zurück und beharrt nicht mehr auf einem großzügigeren Nachzugsalter für
minderjährige Kinder bis zu 18 Jahren. Dies ist eine entscheidende Verschlechterung entgegen allen Beschlüssen des Europäischen
Parlaments.

Die Bundesregierung sollte endlich damit aufhören, mit dem Feuer der Ausländerfeindlichkeit zu spielen und das Projekt der
deutsch-französischen Freundschaft für populistische Vorstöße zu missbrauchen. Was wir brauchen, ist ein humanes Ausländer- und
Asylrecht und keine weitere Abschottung der EU. Wer immer wieder mit der Entrechtung von Flüchtlingen und Migranten Politik macht,
sollte keine Krokodilstränen über das Anwachsen des Rechtspopulismus in Europa vergießen.