Ostdeutsches Bauern-Sonderopfer ‚Kappung‘ verhindern
Zu dem vorab bekannt gewordenen Vorschlag der EU-Kommission, eine betriebliche Abschneidegrenze der Direktzahlungen einführen zu wollen, erklärt die Abgeordnete im Europäischen Parlament und landwirtschaftspolitische Sprecherin der PDS-Delegation in der Fraktion GUE/NGL, Christel Fiebiger:
Die von der EU-Kommission vorgesehene Einführung einer Kappungsgrenze der Direktbeihilfen von 300.000 Euro pro Betrieb, durch die etwa 2000
großen ostdeutschen Landwirtschaftsbetrieben im Durchschnitt rund 40% ihrer derzeitigen einkommenswirksamen Prämienmittel verloren gingen, halte
ich für ökonomisch falsch und politisch unakzeptabel. Meine Argumente gegen eine Kappung sind vor allem:
– Ausgerechnet die großen Betriebe, die langfristig gesehen am ehesten den Wettbewerb zu Weltmarktbedingungen mit Blick auf die fortschreitende
Liberalisierung der Weltagrarmärkte gewachsen sein werden, würden in ihrer Entwicklung stranguliert. Das wäre ein Akt politischer Unvernunft!
– Der Einkommensverlust wäre betriebswirtschaftlich nicht mittelfristig kompensierbar. Zu einer verantwortlichen Politik gehört aber, in Rechnung zu
stellen, dass die Eigenkapitalsituation dieser Betriebe in Folge des Transformationsprozesses von der Plan- in die Marktwirtschaft auch im 12. Jahr
der deutschen Einheit noch immer ökonomisch nicht normal ist. Viele Betriebe haben die Kapitaldienstgrenze erreicht, aber die nächste Etappe der
Modernisierung beginnt. Und die kostet Geld. Die Betriebe können ihr nicht ausweichen. Nur so werden sie am Markt präsent bleiben.
– Man muss kein Prophet sein, um voraus zu sagen, dass die Betroffenen – um der finanziellen Diskriminierung zu entgehen – auf die Kappung mit der
Teilung ihrer Betriebe reagieren werden. Damit würde (abgesehen von den mit der Teilung unmittelbar verbundenen Reibungs- und
Effizienzverlusten) eine moderne und potenziell wettbewerbsfähige Agrarstruktur zerstört, obwohl von den Regierenden das Strukturdefizit der
Landwirtschaft der EU und speziell das der deutschen – so z. B. in den Agrarberichten der Bundesregierung – beklagt wird.
– Infolge der zu erwartenden Betriebsteilungen dürfte die Kappung kaum die vom Künast-Ministerium errechneten 500 Millionen Euro in die Kassen
der Bundesländer bzw. des Bundes spülen, sondern sich als Fata Morgana erweisen.
Übrigens ist die Kappung nicht nur zum Schaden der betroffenen Landwirte und der Agrarentwicklung überhaupt, sondern auch zum Nachteil des
Steuerzahlers. Mit der Diskriminierung der Großbetriebe wird die objektiv überholte kleinbetriebliche Agrarstruktur zementiert, was auf lange Sicht höhere
Transferleistungen in die Landwirtschaft notwendig machen würde als diese in der Perspektive unter den Bedingungen einer großbetrieblichen
Agrarstruktur erforderlich wären. Es ist deshalb ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft, dieses Vorhaben der Kommission parteiübergreifend abzuwehren.
Dafür setze ich mich ein.