Europäischer Binnenmarkt für Wertpapiere

Erklärung von Helmuth Markov zur Abstimmung über die Berichte Goebbels (Insidergeschäfte), Huhne (Veröffentlichungspflicht für Prospekte) und Lipietz (Finanzkonglomerate) am 27. Februar 2002 in Brüssel

Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung hat gestern über ein ganzes Paket von Kommissionsinitiativen zum Bereich
Finanzdienstleistungen abgestimmt. Es ging dabei um die Richtlinienentwürfe zur verstärkten Beaufsichtigung von
Finanzkonglomeraten, zu Insidergeschäften und Marktmanipulation sowie zur Veröffentlichungspflicht von Börsenprospekten. Die drei
Richtlinien sind als maßgeblicher Schritt auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Markt für Finanzdienstleistungen und
Risikokapital zu betrachten, dessen Verwirklichung bis Ende 2003 der Europäische Rat von Stockholm im März 2001 beschlossen
hatte.

Hauptziel der Kommission ist es, gleiche Rahmenbedingungen für alle Finanzmarktakteure zu schaffen und bestehende
Wettbewerbsverzerrungen auf den Finanzmärkten zu beseitigen. Gerade kleinere Finanzmarktakteure sind gegenüber den großen,
marktbeherrschenden Finanzunternehmen in der Regel im Nachteil.

Auch wenn durch Änderungsanträge aus dem Ausschuss die Kommissionsvorlagen stellenweise stark abgeschwächt wurden –
beispielsweise sollen Eurobonds von der Zulassungspflicht ausgenommen sein – sind die Richtlinienentwürfe doch insgesamt als
positiv zu bewerten. So werden Finanzkonglomerate in Zukunft ebenso der behördlichen Aufsicht unterliegen wie einfache
Finanzunternehmen; für alle EU-Finanzplätze gilt von nun an eine einheitliche Regelung für die Börsenzulassung von Unternehmen; der
Missbrauch von Insiderwissen sowie Marktmanipulation werden künftig verwaltungsrechtlich, nach Ermessen der Mitgliedstaaten auch
strafrechtlich, geahndet.

Die Abstimmung über die Finanzmarktrichtlinien war jedoch auch in anderer Hinsicht von Bedeutung. Basierend auf den Empfehlungen
des sogenannten Lamfalussy-Berichtes über die Regulierung der europäischen Wertpapiermärkte ist insbesondere in den Richtlinien
zu Marktmissbrauch und zu Börsenprospekten vorgesehen, der Kommission die Durchführungsbefugnisse für die vorgelegten
Richtlinien zu übertragen (Komitologieverfahren). Das heißt, Durchführungsmaßnahmen, in aller Regel technischer Natur, werden von
der Kommission in Eigenregie erlassen – zwar unter Konsultation des eigens dafür gegründeten Wertpapierausschusses, aber ohne
Beteiligung des Parlaments. Da die Kommission ihre Definition von technischen Durchführungsbestimmungen jedoch recht großzügig
ausgelegt hatte, was auch gewisse inhaltliche Anpassungen dem Komitologieverfahren unterwerfen würde, sah sich der Ausschuss
genötigt, den Kommissionsbefugnissen in diesem Bereich klare Grenzen zu setzen. Durch Kompromissanträge wurde sichergestellt,
dass Durchführungsbestimmungen keine inhaltlichen Änderungen am Gesetzestext zur Folge haben dürfen und das Parlament über
eine Art Kontrollrecht verfügt. So soll es nach Vorschlag des Ausschusses drei Monate Zeit haben, die vorgesehenen
Durchführungsmaßnahmen zu prüfen und bei Bedarf Widerspruch anzumelden, der zu einer Revision der vorgeschlagenen
Maßnahmen führen muss.