Von den Beitrittskandidaten wird viel erwartet, die EU lässt sich Zeit

Erklärung von Helmuth Markov zum ‚Strategiepapier und Bericht der Europäischen Kommission über die Fortschritte jedes Bewerberlandes auf dem Weg zum Beitritt – Die Erweiterung erfolgreich gestalten‘ am 27. Februar 2002 in Brüssel

Der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments hat sich in dieser Woche in einer ersten Aussprache mit
dem von der Kommission vorgelegten Strategiepapier „Die Erweiterung erfolgreich gestalten“befasst.

Die Kommission würdigt in ihrem Dokument die erheblichen Fortschritte der Beitrittskandidaten in den letzten Jahren vor allem bei den
politischen Kriterien. Sie will Ende 2002 „mit allen Ländern, welche die notwendigen Bedingungen erfüllen“ – das heißt den
bestehenden gemeinschaftlichen Besitzstand vollständig übernehmen, anwenden und durchsetzen – die Beitrittsverhandlungen
abschließen. Welche Staaten dies voraussichtlich sein werden, wird allerdings noch nicht deutlich. Klar scheint nur, dass Rumänien
und Bulgarien nicht zu den Staaten gehören, die 2004 der Europäischen Union beitreten werden.

Im vorgelegten Kommissionsbericht werden auffällig stark die Bedingungen und noch zu erfüllenden „Hausaufgaben“ für die
Bewerberländer hervorgehoben. Die mangelhafte Vorbereitung der EU selbst auf die Erweiterung spielt darin jedoch keine Rolle. Weder
der Vertrag von Nizza noch die „Reform“ der Strukturpolitik im Rahmen der Agenda 2000 haben die institutionellen, finanziellen und
politischen Voraussetzungen für eine Union von 25 und mehr Mitgliedern geschaffen. So ist beispielsweise noch unklar ob und wie die
beitretenden Staaten vollständig in die gemeinsame Strukturförderung und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) aufgenommen werden.
Um die finanziellen Mittel, die die Union dafür bereitstellt, werden schon zwischen den jetzigen Mitgliedstaaten regelmäßig heftige
Kämpfe ausgetragen.

Bis 2006 ist der finanzielle Plan der EU festgelegt. Er basiert unter anderem auf der Annahme, dass bis zu sechs Staaten ab 2002
beitreten. Mittlerweile ist davon auszugehen, dass ab 2004 bis zu zehn Kandidaten der EU beitreten werden. Wenn auch die Kosten der
Erweiterung deshalb 2004 bis 2006 unter den geplanten Beiträgen liegen, so ist doch klar, dass es finanziell nicht möglich sein wird,
die Unterstützung der jetzigen Mitgliedstaaten unverändert fortzuführen und gleichzeitig die neuen Mitglieder gleichberechtigt zu
behandeln.

Zu begrüßen ist, dass den Beitrittskandidaten im Konvent zur Zukunft der Europäischen Union, der am 28. Februar eröffnet wird, mit je
einen Regierungsvertreter und je zwei Parlamentsvertretern beratende Stimmen eingeräumt worden sind. Auch hierzu finden sich noch
im Papier, das die Kommission zuerst im November 2001 präsentierte, nur vage Angaben.