Zum Vorschlag der Kommission über die Neufassung der Kfz-Vertriebsvorschriften

Helmuth Markov begrüßt verbraucherorientierte EU-Wettbewerbspolitik, 20. Februar 2002 in Brüssel

Als „Held“ wird EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti von einigen Befürwortern jeglicher Liberalisierung für die neue Verordnung zu
den Kfz-Vertriebsvorschriften bezeichnet. Ein PDS-Abgeordneter ist wohl unverdächtig, Held oder Befürworter wahlloser Liberalisierung
zu sein. In diesem Fall jedoch bieten sich echte Vorteile für Verbraucher, Händler und Dienstleister. Mit der ab Oktober geltenden
Vorschrift, auch unter dem Titel „Gruppenfreistellungs-Verordnung“ bekannt, wird erwartet, dass Preis- und Qualitätsunterschiede bei
Kraftfahrzeugen und Kundendienstleistungen innerhalb der EU für den Kunden – auch grenzüberschreitend – vergleichbarer und durch
größeren Wettbewerb letztendlich verringert werden. (Um nur ein Beispiel zu nennen: in Deutschland sind derzeit 46 von 81
Kfz-Modellen mehr als 20 Prozent teurer als auf mindestens einem anderen Markt der Euro-Zone.)

Das neue System sieht vor allem Folgendes vor:

1.Der Automobilhersteller kann wählen zwischen einem Alleinvertriebssystem, bei dem den Händlern ein bestimmtes Gebiet oder
Vertriebssystem zugewiesen wird und einem selektiven Vertriebssystem, bei dem der Hersteller die Zahl der Händler nicht
beschränken darf, sofern sie die von ihm allgemein verbindlich bestimmten Kriterien erfüllen.
2.Den Händlern kann zwar vorgeschrieben werden, dass verschiedene Fahrzeugmarken in klar abgegrenzten Verkaufsbereichen,
nicht aber dass sie in separaten Unternehmen mit eigener Geschäftsführung und eigenem Vertriebspersonal angeboten werden.
Diese Neuerung ermöglicht den Händlern, betriebswirtschaftlich sinnvoll mehrere Marken zu vertreiben und dem Kunden einen
besseren Vergleich.
3.Aufgehoben wird die Verpflichtung, dass auf Wunsch der Hersteller jeder Händler auch Kundendienstleistungen erbringen muss.
Künftig kann der Verkäufer derartige Dienstleistungen an zugelassene Werkstätten weitervergeben. Diesen wiederum wird der
Zugang zu technischen Daten verschiedener Marken für ihre umfassende Qualifizierung erheblich erleichtert. Ein ebenso
beschäftigungs- wie kundendienstrelevanter Vorteil hierbei ist, dass bisherige Händler, deren Vertriebsverträge aufgrund von
derzeit erheblichen Rationalisierungsmaßnahmen der Hersteller auslaufen, als zugelassene Werkstatt fortbestehen können.

Dass die europäische Automobilindustrie hierbei Sturm läuft, verwundert nicht, sie hat bisher als einzige von den Ausnahmeregelungen
profitiert, sie bestimmte Preise, Wettbewerbsbedingungen der Händler und Werkstätten.

Sicherlich muss es Bestimmungen über Rechtssicherheit, Garantieleistungen und Sicherheitsstandards geben. Über Verbesserungen
der Verordnung in diesen Bereichen sollte in den nächsten Monaten bis zur endgültigen Verabschiedung noch diskutiert und verhandelt
werden.