Kommissionsvorschläge: Konstruktiv, aber mit gefährlicher Schieflage

Erklärung von Dr. Sylvia-Yvonne Kaufmann am 5. Dezember zur Mitteilung der Kommission vom 4. Dezember 2002 zur institutionellen Architektur der Europäischen Union, die heute vom Präsidenten der Europäischen Kommission, Romano Prodi, vorgestellt wurde

Der Tenor der heute vorgelegten Vorschläge der Kommission zur Änderung der institutionellen Struktur der EU ist zu begrüßen. Das Grundanliegen der Kommission, die Handlungsmechanismen der Union zu vereinfachen, die Institutionen – unter Wahrung des institutionellen Gleichgewichts – zu reformieren und damit die europäischen Entscheidungsprozesse transparenter und bürgernäher zu gestalten, findet meine volle Unterstützung.

Die meisten, teilweise sehr konkreten, Vorschläge sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, insbesondere da sie ein grundlegendes Bekenntnis zur Gemeinschaftsmethode enthalten, die Ausweitung des Mitentscheidungsverfahrens empfehlen und die Wahl des Kommissionspräsidenten durch das Europäische Parlament befürworten.

Der Text macht aber zugleich deutlich, dass viele Fragen noch nicht zufriedenstellend gelöst werden konnten und noch vom Europäischen Konvent zu klären sein werden.

So greift die Kommission zwar die Idee der funktionellen und personellen Verschmelzung des Hohen Repräsentanten des Rates und des Außenkommissars („Doppelhut“) durch die Schaffung eines „Sekretärs der Union“ auf, der für die Außen- und Sicherheitspolitik der Union zuständig sein soll. Seine institutionelle Verankerung als Vizepräsident der Kommission, der zugleich dem Kommissionspräsidenten und dem Europäischen Rat (dem auch der Kommissionspräsident angehört) verantwortlich sein soll, nicht aber dem Europäischen Parlament, bringt jedoch die europäische Institutionenordnung in eine gefährliche Schieflage: Sie stärkt in einem wichtigen und wesentlichen Bereich die Rolle des Kommissionspräsidenten zu Lasten des Europäischen Parlaments und in einer Weise, die mit dem verkündeten Anspruch nach Stärkung von Demokratie und Transparenz wenig zu tun hat.