Kopenhagen darf nicht zum Basar verkommen
Zum bevorstehenden Kopenhagener Gipfel am 12. und 13. Dezember erklärt Christel Fiebiger, Mitglied des Europaparlaments:
Das große Feilschen hat Hochkonjunktur.
Während die EU-Mitgliedsstaaten auf eine „preiswerte“ Erweiterung hinarbeiten, die den künftigen Neumitgliedern nur die Perspektive von Mitgliedern 2. Klasse lassen würde, fordern die Beitrittskandidaten Gleichbehandlung und gebührende Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen. Immer geht es dabei um Geld, um viel Geld!
In diesem Kontext halte ich folgende Positionen für erforderlich:
1. Zurückweisung der erpresserischen Position von Chirac und Schröder „Wir raten niemanden, das Paket, dass in Brüssel verhandelt und beschlossen worden ist, wieder aufzumachen“, weil dieses Diktat der beiden „Großen“ die künftige EU der 25 von vornherein zur Zwei-Klassen-Union machen würde.
2. Befürwortung des zwar nicht ausreichenden, aber doch erheblich verbesserten Kompromissvorschlages der Dänischen Präsidentschaft zur Aufstockung der landwirtschaftlichen Direktbeihilfen und Produktionsquoten, weil dieser Kompromiss geeignet ist, beiderseitige Blockaden zu brechen und das Tor für eine akzeptable stufenweise Integration der Beitrittsländer zu öffnen.
3. Ablehnung des Ansinnens von EU-Mitgliedern, ihre Zustimmung zur Osterweiterung der Union mit der Forderung nach höheren Agrarsubventionen zu verbinden, weil damit das Ungleichgewicht zwischen Alt- und Neumitgliedern vergrößert statt verkleinert würde und weil Ungerechtigkeiten in der Verteilung der Agrarsubventionen innerhalb der EU-15 zwischen den Mitgliedsstaaten und nicht zu Lasten der Beitrittsländer beseitigt werden müssen.
4. Unterstützung der polnischen Forderung, dass Molkereien, die noch nicht den EU-Standards entsprechen, befristet weiter für den heimischen Markt und den Export in Drittstaaten, z. B. für die traditionellen Absatzmärkte in GUS-Staaten, produzieren dürfen, weil daran viele Zehntausende von Arbeitsplätzen hängen.
In Kopenhagen dürfte der 1. Mai 2004 als Beitrittstermin beschlossen werden. In dem Zusammenhang warne ich davor, dass die Zeit bis zu diesem Tag von den 15 EU-Mitgliedern genutzt wird, allein über die drei großen Projekte „Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik“, „Reform der EU-Struktur- und Kohäsionsfonds“ und „Finanzrahmen für 2007 bis 2013“ zu entscheiden.
Vielmehr fordere ich, die 10 Beitrittskandidaten unmittelbar nach Kopenhagen in die anstehenden Debatten mit vollen Mitwirkungsrechten einzubeziehen und erst dann Beschlüsse zu fassen, wenn diese Staaten EU-Mitglieder geworden sind.
Es geht nicht, dass 15 über die Zukunft von 25 entscheiden.