Erfolgreich im Norden
Mit der Linkspartei Schwedens setzt europarot die Vorstellung der Parteien fort, die in der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke des Europäischen Parlaments zusammengeschlossen sind.
arbeiten dort in der Konföderalen Fraktion der Vereinten Linken mit und bilden – zusammen mit der einen Abgeordneten der dänischen Volkssozialisten und dem Vertreter des finnischen Linksbundes – die Nordische Grüne Linke als einen eigenen Zusammenschluss in der Fraktion. Doch ginge es nach der Linkspartei, so dürften die drei gar nicht in Straßburg bzw. Brüssel sein, hatte sich doch die Partei Mitte der neunziger Jahre vehement gegen den Beitritt Schwedens in die Europäische Union ausgesprochen. Auch heute noch hält sie einen Austritt des Landes für die bessere Lösung, da sie in der Union vor allem eine demokratisch nicht legitimierte Institution sieht, die mitverantwortlich für den rasanten Abbau des schwedischen Wohlfahrtsstaats in den letzten Jahren ist. Doch diese Position war bei der Volksabstimmung über den Beitritt knapp unterlegen. So wurde Schweden 1995 zusammen mit Österreich und Finnland Mitglied der EU. Da die Linkspartei nicht, wie es die Europaabgeordnete Marianne Eriksson einmal formulierte, ein „schlechter Verlierer“ sein wollte, beteiligte sie sich gleichwohl an den Wahlen für das Europäische Parlament und wurde dabei auf Anhieb drittstärkste Partei.
Dass dieses gute Ergebnis keine Eintagsfliege war, hat der rasante Aufstieg der Partei in den letzten Jahren gezeigt. Je mehr sich die Wählerinnen und Wähler von einer Sozialdemokratie abwandten, die nur noch Politik für eine „Neue Mitte“ machen will, um so stärker profiliert sich die Linkspartei als eine wählbare Alternative. Jüngste Meinungsumfragen bescheinigen der Partei einen Wähleranteil von mittlerweile 16%. Damit dürfte sie gegenwärtig die stärkste aller Parteien sein, die in der Konföderalen Fraktion der europäischen Linken zusammengeschlossen sind. Mit der Zustimmung zur Politik der Partei wächst auch das Ansehen ihrer führenden Repräsentanten. Die Parteivorsitzende Gudrun Schymann gehört inzwischen zu den beliebtesten Politikern Schwedens.
Als Grundlage für ihren gegenwärtigen Erfolg benennt die Linkspartei vier Eckpunkte:
1. Die Linkspartei ist eine sozialistische Arbeiterpartei. Sie setzt sich insbesondere für Vollbeschäftigung, Verkürzung der Arbeitszeit und für eine Verringerung der Lohnunterschiede ein.
2. Die Linkspartei ist eine feministische Partei. Sie kämpft daher für eine Gesellschaft, die auf der völligen Gleichberechtigung von Mann und Frau beruht.
3. Die Linkspartei ist eine Umweltpartei. Sie spricht sich gegen die Nutzung der Atomkraft aus, und sie fordert ihre Ersetzung durch erneuerbare Energiequellen.
4. Die Linkspartei ist eine internationalistische Partei. Nach ihrer Ansicht stellt die Mitgliedschaft Schwedens in der EU ein Hindernis für die Entwicklung einer echten internationalistischen Politik dar.
Diese Öffnung der Partei für die heutigen Fragen der Ökologie und der Emanzipation hat sicherlich entscheidend zur gegenwärtigen Popularität der Linkspartei beigetragen. Den sich in Schweden Milieupartei nennenden Grünen wurde dabei förmlich das Wasser abgegraben. Diese müssen bei den Wahlen regelmäßig um ihren Einzug in das Parlament bangen. Auf europäischer Ebene dringt die Linkspartei darauf, dass das grüne Element in der Vereinten Linken gestärkt wird. Dem dient ihre Arbeit in der Gruppe der Nordischen Grünen Linken.
Möglich gemacht wurde diese Entwicklung der Partei durch ihre bereits vor Jahrzehnten getroffene Entscheidung, einen eigenen nationalen Weg zu gehen. Als Kommunistische Partei 1919 gegründet, blieb sie lange im Bannkreis des sowjetischen Vorbilds. Doch dies änderte sich in den sechziger Jahren. Die „Führungsrolle“ der KPdSU wurde mehr und mehr in Frage gestellt und schließlich zurückgewiesen. Ausdruck fand diese Erneuerung in der Namensänderung der Kommunistischen Partei 1967 in Linkspartei/Kommunisten. 1977 verließ eine gegenüber der Sowjetunion weiterhin loyale Gruppe die Partei. Aufgrund dieser über einen langen Zeitraum entwickelten kritischen Haltung gegenüber dem realen Sozialismus wurde die Linkspartei vom Ende des europäischen Sozialismus 1989-91 bei weitem nicht so stark getroffen, wie andere vergleichbare europäische linke Parteien. 1990 änderten sie ihren Namen in Linkspartei (Vänsterpartiet).
Der jüngste Erfolg hat der Linkspartei aber auch neue Herausforderungen und Schwierigkeiten gebracht. Die schwedischen Sozialdemokraten verfügen seit Jahren über keine eigene Mehrheit mehr im schwedischen Reichstag und sind daher auf die Unterstützung durch die Linkspartei und die Grünen angewiesen. Dem dient ein Abkommen über Tolerierung. Der Einfluss der Tolerierungsparteien auf die konkrete Regierungspolitik ist aber naturgemäß stark begrenzt. Seit Monaten wird nun in der Partei eine Debatte darüber geführt, wie ein Ausweg aus dieser unbequemen Situation aussehen könnte. Es geht um die Alternative: Aufkündigung der Tolerierung und Rückkehr zu einer klaren Oppositionspolitik oder aber Eintritt in die Regierung als Koalitionspartner. Diese Kontroverse überlagert auch die gegenwärtig in der Partei geführte Programmdebatte. Wie man sieht, sind die Probleme der deutschen PDS international gar nicht so einmalig
Die Abgeordneten der Vänsterpartiet
Marianne Eriksson – Ehemalige Bürgerbeauftragte der Linkspartei. Europaabgeordnete seit 1995. Mitglied des Vorstands der Konföderalen Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke. Stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für die Rechte der Frau und Chancengleichheit.
Herman Schmid – Lektor an der Universität Roskilde. Ehemaliger Rektor der Volkshochschule Bona in Motala. Früherer Vorsitzender des Dänischen Soziologenverbandes. Europaabgeordneter seit 1999. Mitglied im Ausschuss für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten.
Jonas Sjöstedt – Metallarbeiter. Europaabgeordneter seit 1995. Mitglied im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Verbraucherpolitik. Stellv. Mitglied im Ausschuss für konstitutionelle Fragen.