Grundrechte in Europa

Brüssel greift immer stärker in unser Alltagsleben ein, sei es im Beruf, in Bildung oder Freizeit. Deshalb sollten wir unsere politischen und sozialen Rechte, wie sie in der im Dezember 2000 verabschiedeten Grundrechtecharta der EU verankert sind, sehr genau kennen. Die Charta, die das Verhältnis der EU zu ihren Bürgerinnen und Bürgern regelt, könnte überdies den Kern einer künftigen EU-Verfassung bilden. Sie ist das erste europäische Dokument, in dem – ausgehend von der Unteilbarkeit der Grund- und Menschenrechte – bürgerliche, politische und soziale Rechte in einem Text gleichrangig behandelt werden.

Der soeben von Sylvia-Yvonne Kaufmann (PDS), stellv. Vorsitzende der GUE/NGL-Fraktion im Europäischen Parlament im Europa Union Verlag herausgegebene Band ist die erste deutschsprachige Publikation, die authentisch und detailliert über das Entstehen der Grundrechtecharta informiert. Leserinnen und Lesern wird vermittelt, wie vielfältig, komplex und spannend jene Fragen sind, die ihre Rechte gegenüber der EU betreffen. Aufgezeigt werden sowohl die Stärken der Charta als auch ihre Schwächen. Nachvollziehbar wird, wie konfliktgeladen sich die Diskussion über die Aufnahme sozialer Rechte gestaltete. Fast alle Autorinnen und Autoren verschiedener Nationen und Parteien – Abgeordnete aus sechs Fraktionen des EP und eines Vertreters des Europarates – gehörten dem Konvent an, der die Grundrechtecharta erarbeitete. Sie berichten über geführte Auseinandersetzungen, gesammelte Erfahrungen und ihre Vorstellungen, die sie künftig mit der Charta verbinden. Ein weiterer Vorzug dieser Publikation ist, dass sie neben dem Chartatext in einem Anhang die Texte aller wesentlichen europäischen Abkommen enthält, die die Grundrechte, Sozialrechte, Grundfreiheiten und Menschenrechte betreffen und auf die sich die Grundrechtecharta stützt.

Grundrechtecharta der Europäischen Union: Mitglieder und Beobachter des Konvents berichten / Sylvia-Yvonne Kaufmann (Hrsg.), 2001 Europa Union Verlag GmbH Bonn, Bestellnummer: ISBN 3-7713-0598-5

Beitrittskandidaten zunehmend skeptisch

Der Fraktionsvorstand der GUE/NGL beriet am 25.und 26. Juni in Prag mit Vertretern linker Parteien aus der Tschechischen Republik, der Slowakischen Republik, aus Polen und Ungarn über die Vorbereitungen der mittel- und osteuropäischen Länder auf den Beitritt in die Europäische Union und die Haltung der Linken dazu zu diskutieren.

Dabei ging es sowohl um die erforderliche Übernahme des geltenden Besitzstandes der Union und sich daraus ergebender ökonomischer, sozialer, regional- und strukturpolitischer Konsequenzen als auch um politische und institutionelle Fragen, darunter Zivilgesellschaft und demokratische Teilhabe der Bürger, außen- und sicherheitspolitische Aspekte, Schengener Abkommen und Sicherung der Außengrenzen.

Angesichts der wachsenden Skepsis der Bürger in den Kandidatenländern gegenüber dem Beitritt und der größer werdenden Besorgnis über die bereits spürbaren sozialen Auswirkungen der Anpassungsprozesse, der Ungewissheit durch sich zeitlich hinziehende Verhandlungen, forderten die Teilnehmer den Dialog untereinander sowie mit den Bürgern in ihren jeweiligen Ländern zu intensivieren und die öffentliche Debatte über die konkreten Verhandlungen mit der EU zu entwickeln.n

Erster Dialog der GUE/NGL mit dem Sao Paulo – Forum

Am 9./10. Juli fand in Brüssel das erste offizielle Treffen der GUE-NGL-Fraktion mit dem „Forum Sao Paulo“ statt.

Dieses Forum wurde vor 11 Jahren in Sao Paulo gegründet, nachdem die Arbeiterpartei Brasiliens zu einem „Treffen der linken Parteien und Organisationen Lateinamerikas und der Karibik“ eingeladen hatte. 48 linksgerichtete Parteien und Gruppierungen aus 13 Ländern begannen damals über die Debatte zu wirtschaftlichen, sozialen und politischen Problemen des Kontinents hinaus, gemeinsam an Alternativen zu den konservativen und neoliberalen Gesellschaftsmodellen zu arbeiten, in denen Demokratie und Menschenrechte oberste Priorität erlangen. Das Forum Sao Paulo – benannt nach dem Ort des ersten Treffens – ist heute eines der bedeutendsten linken Diskussionsforen des amerikanischen Kontinents.

Während der Diskussion der GUE/NGL-Fraktion mit den Politikern aus Brasilien, Kolumbien, Kuba, El Salvador, Guatemala, Haiti, Mexiko, Nicaragua, Uruguay und Puerto Rico wurde über die sozialen Auswirkungen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und Lateinamerika, die Entwicklungspolitik und die Rolle der Welthandelsorganisation in diesem Prozess, die Armutsbekämpfung, die Bedingungen und Möglichkeiten für eine nachhaltige Entwicklung und über den Kampf um die Umsetzung des Kyoto-Protokolls, aber auch über die Erweiterung der Europäischen Union, ihre Reform und die Konsequenzen für die Linken gesprochen.

In der Debatte ist wiederholt gefordert worden, gemeinsam die Werte und Inhalte sozialistischer Politik zu bestimmen. Zum nächsten Treffen des Forums im Dezember 2001 in Havanna wurde die Fraktion GUE/NGL eingeladen.n